TOC-Eintrag Dünenfeld bei Fezzou - erste Lichtblicke
Ein Dünenfeld lädt zum Verweilen ein … |
Tausend Kilometer liegen bereits hinter mir, als ich zum ersten Mal Kamera und Tagebuch zücke. Alles bisher war nicht eben fad, aber eben doch schon recht bekannt. Zum siebenten Mal bin ich nun schon hier! Zudem scheint Marokko im vergangenen Jahr einen mächtigen Satz nach vorne gemacht zu haben. An jeder Straßenecke werden Paläste errichtet - nicht für den König -, die Straßen sind breit und frisch geteert, darauf rollen nur noch wenige Schrottlauben (allerdings mit Kamikaze-Fahrern), die Marokkanerinnen sind oft schleierbefreit, bildhübsch und neugierig, ihre Männer freundlich und weit zurückhaltender als ich sie in Erinnerung habe! In jedem Fall ist Marokko nicht mehr die exotische, fremdartige Welt wie vor einen knappen halben Jahrhundert, als ich zum allerersten Mal hier war! [1] Oder auch noch im letzten Jahr!
Sollten da etwa Papa Scholz und Tante Svenja Schulze (derzeit Kanzler der Deutschen Lande resp. Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) ihre Finger im Spiel haben - und unser aller Steuergeld unter die Leute gebracht haben? Wegen seiner vielen Sonnenstunden und dem Angebot, 'grünen' Wasserstoff zu liefern, wird das Land ja gerade mächtig hofiert!
Auch der Wettergott empfängt mich freundlicher: nachts ist es empfindlich kühl, doch fällt kaum ein Tropfen Regen. Kein Vergleich zu der Regen- und Schlammschlacht des letzten Winters! [hier ]. Selbst die Lady Grey schnurrt wieder wie eine Eins. Ob ihr Afrika etwa gefehlt hat?
Gleich nach der 'Gorge du Ziz' taucht die Straße ins Tal des Qued Ziz ein. |
Ein kleines 'Malheur' soll ebenfalls nicht verschwiegen werden werden, zur Abwechslung trifft es nicht die Lady, sondern den Beastmaster. An der Gorge du Ziz, dem offiziellen Tor zur Sahara hätte den um ein Haar nämlich der Blues erwischt: auf dem Weg zum Erg Chebbi war er schon ein halbes Dutzend Mal durch diese enge und überaus malerische Schlucht gerollt - und jedes Mal hatte ihn ein mächtiges Aufatmen erfüllt: "Endlich da, endlich in der heiß geliebten Wüste!" Der Stress, die Zwänge der Zivilisation lagen hinter ihm, vor ihm die Sahara mit ihrer grenzenlosen Freiheit! Im Stillen hatte er dann freudig Sven Hedin zitiert: "Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste!"
Und diesmal? Nichts dergleichen! Kein Sven Hedin! Keine Vorfreude! Nicht einmal das leiseste Prickeln überkommt ihn, als er durch die sonnendurchflutete Schlucht rollt. Nur Leere, Gleichgültigkeit, beinahe ein Anflug von Angewidertsein angesichts des endlosen Nichts, des braunen Einerlei und der kargen Felsen. Eigenartig, in fünfundvierzig Reisejahren hat es so etwas noch nicht gegeben! Nicht einmal im landestypischen Onkel-Tarik-Laden [2], wo die ersten leckeren Hirsebrote in die Einkaufstüte wandern, ist Besserung zu verzeichnen: alles fühlt sich so normal, so 'zivilisiert', so 08/15 an! Der Blues ist nicht weit …
Idylle zwischen den Dünen bei Fezzou |
Inzwischen ist davon allerdings keine Rede mehr - ganz im Gegenteil! Den netten, von niedrigen Dünen gesäumten Nachtplatz der letzten Jahre gibt's zwar nicht mehr - er wurde vom Winde verweht -, doch wenige Kilometer weiter finde ich einen weit schöneren Platz … zwischen richtig hohen Sandbergen und einige Kilometer von der Straße entfernt, so dass mich garantiert niemand aufstöbert. Was soll ich sagen: ein wüstes Idyll vom Feinsten! [3] Mit einem Schlag kehrt das 'richtige' Feeling zurück und einmal mehr bewahrheitet sich der Spruch: "Die Wüste ist Labsal für die Seele" (nicht von Sven Hedin).