Laguna de La Cocha (Kolumbien, nahe Pasto) (GPS: 01°08,265'N; 077°09,458'W)
Chalet Guamuez. Hört sich nach Schweiz an. Sieht nach Schweiz aus. Sauber und gepflegt. Die Rezeptionistin trägt roten Blazer, die Tischdecken auf den alpenländischen Eichentischen leuchten in rot und weiß, die Wände zieren Bilder von Matterhorn und Wallis. Das Kaminfeuer prasselt, der Blick wandert über den kristallklaren See. Kleine Boote dümpeln am Steg. Aus dem Radio tönen keine Alphörner und Jodler sondern heiße Salsa-Rhythmen.
Wir sind im Süden Kolumbiens, keine fünfzig Kilometer von der Grenze zu Ecuador entfernt. In der bizarr-schroffen Bergwelt der westlichen Kordillere hat sich ein lieblicher See gebildet, die Laguna de La Cocha, das angesagte Ausflugsziel der Familien aus Pasto. Wie überall in Kolumbien ist ein Ausflug ohne Essen nicht komplett und die Restaurants bieten, was sie vor der Haustür fangen und kunstvoll zubereiten: »Trucha« (Forelle) »Entera Alhumade, Trucha Frita, Trucha Apanada, Trucha Menieur, Trucha al Vino, Trucha al Ajillo, Trucha a la Plancha, Trucha al la Casa« .... Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.
Der Andrang der Ausflügler ist heute - am verregneten Samstag - recht überschaubar und ich darf in der hölzernen
Gaststube am wärmenden Feuer sitzen und meine Erinnerungen tippen. Erinnerungen an Tage voller Schweiß und Hitze.
Cartagena [COL] "Die fünftgrößte Metropole Kolumbiens ist älter und schöner als alle ihre Schwestern. Sie ist stets heiß, sinnlich, romantisch, geheimnisvoll, schminkt sich in kräftigen Farben, steckt sich betörende Blüten auf und sie liebt das ausgelassene Feiern ebenso wie den Atem des Meeres und die magische Stille karibischer Nächte." Besser als Ingolf Bruckner in seinem Führer über Kolumbien könnte ich es nicht ausdrücken.
Cartagena de Indias, wie die Stadt offiziell heißt, ist eigentlich drei Städte. Das quirlige, von einer gut erhaltenen, viele Meter dicken Festungsmauer umschlossene Centro Historico ist mit Abstand der sehenswerteste Teil. Mit etwas gutem Willen darf man Getsemani und Centro, zwei Stadtteile direkt vor den Mauern mit dazurechnen. Hier wohnten früher die Armen, die Handwerker und die Sklaven, heute die Backpacker und die, die auf Sandstrand, Shopping und Luxus wenig Wert legen.
Boca Grande, eine früher armselige Insel im Süden der Altstadt wurde mit viel Sand, Schlick und Beton ans Festland angebunden. Heute ist es mit seinen schneeweißen Hochhäusern, luxuriösen Strandvillen und mondänen Hotelanlagen der modernste und exklusivste Teil der Stadt. Besuchenswert allenfalls für Menschen mit gut gefülltem Portemonnaie.
Dann gibt es noch den riesigen Rest der Stadt, der sich kilometerweit in die flachen Niederungen an der Bahia des Cartagena erstreckt und die restlichen 1,2 Millionen Menschen Cartagenas beherbergt. Mit Abstand der größte Teil der Stadt - leider auch der am wenigsten sehenswerte.
Ach ja, den Hafen nicht vergessen! Der bietet nicht nur leuchtend weißen Kreuzfahrtschiffen eine Anlegestelle. Auch die schon etwas 'patinierte' CAROLINE RUSS macht hier fest, natürlich ganz weit weg von den schwimmenden Hotelburgen! Man will sich ja nicht blamieren! Noch bevor ich selbst kolumbianischen Boden betreten darf, steht die Lady Grey am Pier und wird neugierig inspiziert. Zusammen mit zwei anderen Reisemobilen und Dutzenden von Baufahrzeugen. Was eben auf einem RoRo-Schiff so alles transportiert wird.
Punkt acht Uhr kommen die Herren der »Migration« an Bord und prüfen Papiere und Pässe. Vom einzigen Passagier an Bord aber wollen sie nix wissen. Einreisen? Stempel? Nicht bei uns! Eine halbe Stunde später übergibt mich der Schiffsmaat an Rudolfo, den Agenten von Jans Mar, der für die ganze Ausschiffung zuständig ist. Der bringt mich per Taxi zur 'richtigen' Immigration, irgendwo in der Stadt, wo ich den ersehnten Einreisestempel in den Pass bekomme.
Dann geht alles Schlag auf Schlag. "Willst du heute noch dein Auto aus dem Hafen fahren?" fragt Rudolfo und nennt mir den Preis für die Turbo-Abfertigung: zweihundert US-Dollar. "Einverstanden. Aber ich will überall dabei sein!" Es ist Freitag und ich habe wenig Hoffnung, dass Rudolfo in den wenigen Stunden wirklich alles regeln und die Lady Grey aus dem Hafen bringen kann. Die Beschreibung der früheren Reisenden über das Hin- und Her zwischen den Ämtern, die mir in Panama so gute Dienste geleistet hat, spricht eher von zwei bis drei Tagen ... Wenn ich mir diese Rennerei in der drückenden Hitze Cartagenas sparen kann, ist mir das schon ein paar Dollar wert. Zumal ich erst am Montag damit beginnen könnte - dann aber schon heftige Parkgebühren im Hafen fällig werden.
Ich will's kurz machen: Gegen 16 Uhr sind wirklich alle Papiere fertig, alle Gebühren bezahlt und ich halte die Genehmigung in Händen, mit der Lady aus dem Hafen zu fahren. Trotzdem lasse ich sie noch übers Wochenende im sicheren Hafen stehen (den Eindruck habe ich inzwischen gewonnen), um mir in Ruhe die Stadt anzuschauen. Am Montag werde ich sie dann abholen und wieder reisefertig machen.
Nach einem erholsamen Wochenende nehme ich Rudolfo's Hilfe noch einmal in Anspruch. Für den Batzen Geld, den er bekommt, soll er schließlich auch was tun! Unterm Strich aber ist er eine große Hilfe! Es ist schon Gold wert, wenn man alle Ansprechpartner persönlich kennt und sofort weiß, an welchen Schalter man gehen muss! Beim nächsten Mal würde ich es wieder genauso machen. Unten findet ihr seine Adresse. [1]
So habe ich das Wochenende über den Kopf frei, die malerische Altstadt von Cartagena zu erkunden. Die Stadt auf der kleinen Insel an der Karibikküste ist die älteste Stadt Südamerikas: schon 1533 erkannte der Konquistador Pedro de Heredia die günstige Lage mit seinem natürlichen Hafen und errichtete die ersten Häuser. Zwanzig Jahre lang durchkämmte er von hier aus das karibische Tiefland und raffte die Goldschätze der Indigenas an sich. Schließlich erlitt er Schiffbruch und ertrank kläglich - ohne einen einzigen Batzen Gold. Sein Namen ziert noch heute viele Häuser und Geschäfte. Auf seine stolze und recht attraktive Übersetzerin aus der Gegend um Galerazamba, die später Heredias Neffen heiratete und in Spanien ein luxuriöses Leben führte, sind die Einheimischen offenbar noch viel stolzer als auf Heredia selbst!
Seit 1984 ist Cartagena de Indias Kulturerbe der UNESCO. Nicht zu Unrecht! Die bunt bemalten Häuser, die schmalen, mit Kopfstein gepflasterten Gassen, die blumengeschmückten Balkone, die herrschaftlichen Kolonialhäuser mit den grünen Innenhöfen, das halbe Dutzend Kirchen und Konvente aus dem 16. Jahrhundert bilden ein so einheitliches Ensemble innerhalb der dicken Stadtmauer, dass man sich unwillkürlich in die damalige Zeit zurückversetzt fühlt.
Cartagena war ursprünglich eine Insel, umgeben von zahlreichen Lagunen und Meeresarmen. Damit der ideale Ankerplatz für all die Transportschiffe, die den Reichtum Südamerikas in die alte Welt brachten. Cartagena war die prächtigste und berühmteste Hafenstadt Spanisch-Amerikas. Kein Wunder, dass Piraten und Korsaren sie bald im Visier hatten. Zur Verteidigung wurden an allen wichtigen Stellen trutzige Forts erbaut. Allen voran das imposante Castillo de San Felipe, das zusammen mit dem Fuerte de Pastelillo den wichtigen Hafen schützen sollte. Steht man auf den meterdicken Mauern von San Felipe, kann man förmlich den Pulverdampf der Geschütze riechen, mit denen die Stadt verteidigt wurde. Mehr als zwei Dutzendmal sollen Freibeuter und Piraten versucht haben, diese reiche und herrliche Stadt einzunehmen. Nur zweien gelang es: Sir Francis Drake (1586) und Jean Baptiste de Casse (1697).
Heute ist die Stadt fest in den Händen anderer 'Fremdländer'. Der Touristen nämlich, die zu Hunderttausenden in der 'Perle der Karibik' einfallen, hier ein Apartment für die schönsten Wochen des Jahres ihr Eigen nennen oder sich am Ende gar hier niederlassen. Schlimmere Orte dafür gibt es zu Hauf - schönere ganz wenige!
So richtig zum Leben erwacht Cartagena nach Sonnenuntergang. Wenn die drückende Hitze des Tages weicht, trifft sich die Stadt auf der Straße, auf den heimeligen Plätzen, in den lauschigen Bars und mondänen Restaurants. Man isst, man trinkt, man unterhält sich. Stets im Kreis der Freunde, der Familie. Allein i(ß)st hier niemand! Man genießt das Leben, wie man es nur hier genießen kann. Wippt im Rhythmus der Kastagnetten. Applaudiert den Tänzern, die zum Klang der karibischen Trommeln die Hüften kreisen lassen. Mann zieht an der teuren Havanna, Frau geht Shoppen in den exklusiven Boutiquen, in denen tropische, luftige, aber nicht weniger teure Eleganz angeboten wird. Feierabend auf karibisch!
Trauriger Blick über die Grenze
Samstagabend sitze ich am Plaza des Santo Domingo, nippe an der leckeren Piña Colada und schaue den Menschen beim 'Feierabend' zu. Welch ein Unterschied zu Panama! Vor nicht einmal einer Woche saß ich drüben im grässlichen Colon und konnte es kaum erwarten, wegzukommen. Hier in charmanten Cartagena schaut die Welt doch gleich viel besser aus! Gegensätzlicher könnten diese beiden Nachbarländer kaum sein! Die zudem bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts ein einziges Land waren. Zwei Länder, die sich eine über 300-jährige Geschichte teilen.
Das fängt schon bei der Landschaft an: beherrscht in Panama dichter Dschungel die Landschaft und lässt kaum einen Blick neben die Straße zu, öffnet sich hier der Blick auf eine savannenartige Szenerie. Trotz karibischem Tiefland und Regenzeit! Oben am Punta Gallinas, dem nördlichsten Punkt des südamerikanischen Kontinents gibt es sogar echte Bilderbuchwüste: Sanddünen bis ans Meer!
Die Straßen unterscheiden sich wie Tag und Nacht: die üblen Straßen Panamas hatte ich ja schon beschrieben. Hier scheint jeder Feldweg geteert zu sein. Die Autos, die ja meist ein Abbild der Straßen sind, auf denen sie rollen: drüben oft alt, verrostet, verschlissen, halbe Wracks auf Rädern. Hier pieksauber, penibel gepflegt, technisch in bester Ordnung. Sollte etwa der Zustand der Autos symptomatisch für das ganze Land sein. Es würde mich freuen! Zu ergänzen ist, dass in Kolumbien für jeden Meter Straße Maut zu bezahlen ist, da sie von privaten Konsortien gebaut und unterhalten werden. Die Preise dafür sind aber mehr als erträglich!
Hier setzen sich die Unterschiede fort: dort herrscht m.E. doch gewaltige Abzockmentalität, werden von Touristen die X-fachen Preise wie von Einheimischen verlangt, bekommt man für sein teures Geld herzlich wenig geboten (und Service schon gar nicht), so gibt es hier nur gleiche Menschen. Jeder zahlt den gleichen Preis, jeder bekommt die gleiche Leistung fürs gleiche Geld. Und Service wird großgeschrieben!
Der größte Unterschied aber sind die Menschen! Dass hier wie dort Spanisch gesprochen wird, scheint schon fast die einzige Gemeinsamkeit zu sein! Drüben empfand ich die Menschen als unfreundlich, abweisend, wenn nicht ein wenig feindselig. Hier kommen die Menschen auf dich zu, begrüßen dich herzlich und sind stets zu einem Schwatz aufgelegt. Selbst wenn man Spanisch nur radebricht. Jeder trägt ein Lächeln auf den Lippen. Dort, wo die Panameños auffällig weggeschaut haben, suchen die Kolumbianer den Augenkontakt. So freundlich sind sie offenbar nicht nur den geldbringenden Touris gegenüber, sondern auch untereinander! So viele freundliche und offene Gesichter habe ich lange nicht mehr gesehen!
Welche Gegensätze! Hier jedenfalls fühle ich mich wohl! Sauwohl, wenn ich das so schreiben darf!
Im höchsten Küstengebirge der Welt
Das Wochenende vergeht wie im Fluge und am Montag steht wieder Lady Grey auf dem Stundenplan: Abholen am Hafen, Gasflaschen auffüllen (sollten zur Verschiffung leer sein!), Diesel bunkern und das Fahrerhaus wieder einräumen. Am frühen Nachmittag ist die werte Lady wieder reisefertig und am Dienstag früh geht's auch gleich ab nach Norden. Ja, richtig gelesen. Bevor die nächsten Monate (fast) nur noch Süden auf dem Kompass steht, will ich dem nördlichsten Punkt des Kontinents einen Besuch abstatten ... und dem (angeblich) schönsten Strand der Karibik. Beides lässt sich prima verbinden!
Der Carneval von Barranquila soll dem von Rio nur minimal nachstehen. Leider sind's bis dahin noch fünf Monate. So lange habe ich nun auch wieder nicht Zeit, Karibikstrand hin, Karibikstrand her! Die carnevalfreie Industrie- und Hafenstadt allerdings gibt herzlich wenig her. So geht's auf der neuen Umgehungsstraße ringsherum und vorbei am hübsch bunten Ortsschild. Nach der Überquerung einer endlos langen Lagune rückt plötzlich die Sierra Nevada de Santa Maria an die Straße und zwingt sie auf einem winzigen Steilhang hoch über die Klippen. Gerade mal 45 km hinter der Küste ragen Gipfel wie der Pico Bolivar oder der Pico Cristóbal Colón (beide ca. 5770m) in den tropischen Himmel. In unmittelbarer Nähe des karibischen Ozeans ziert beide eine dicke Schneedecke - jahrein, jahraus! Wir sind in höchsten Küstengebirge der Welt! Nirgends sonst ragen die Bergriesen so nah am Meer so hoch in den Himmel.
Die Bewohner, Mitglieder der Tairona-Indianer, die sich nie den Spaniern beugen mussten, verbieten Ausländern das Besteigen ihrer heiligen Gipfel, so majestätisch und attraktiv sie auch sein mögen. So bleibt mir nichts anderes übrig, als am (angeblich) schönsten Strand der Karibik ein paar Tage »Relaxprogramm« einzulegen, bevor es zum nördlichsten Punkt des südamerikanischen Kontinents geht. Zum Punta Gallinas. Einsam und windumweht hat sich hier, direkt am Ufer der Karibik eine Wüstenlandschaft ausgebildet, die man hier nun wirklich nicht erwartet hätte: Sanddünen bis ins Meer.
Seit über einem halben Jahr hat sie mich nun begleitet. Mal näher dran, mal weiter weg: die Karibik. Türkisblaues, bacherlwarmes Wasser, idyllische Sandstrände, Kokospalmen im Wind. Damit ist nun Schluss! Von nun an zeigt der Kompass Richtung 180 Grad. Süden. Feuerland, Patagonien sind noch weit! Und es gibt noch so viel zu sehen!
Aber nix überstürzen! Zum Abschied gönne ich mir ein ausgiebiges Bad in einem Vulkan und zwei Nächte in einer Herberge in Cartagena. Hat zwar nur vier Sterne anstatt der Tausend in der Lady Grey, aber ok. Zwei Tage ganz ohne Sightseeing, ganz ohne Verpflichtungen. Einfach nur Relaxen. Gut erholt klettere ich am Montag wieder auf den Bock und die Lady bringt mich auf wenig abwechslungsreichen Straßen durch das Tiefland in Kolumbiens Norden. Erst nahe Puerto Valdivia bewegt sich die Nadel des Höhenmessers von der 'Null' weg. Ein paar Kurven später steht sie bei 2800 Metern. Willkommen in den Anden, genauer in der Sierra Occidental, der westlichen der beiden Andenketten Kolumbiens.
In den 70-er, 80-er und 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts genießt Medellín traurige Berühmtheit. Das hiesige Kartell (ein lockerer Zusammenschluss von Produzenten, Händlern und Transporteuren) ist eine Größe, an der man im Drogengeschäft nicht vorbeikommt: achtzig Prozent des weltweiten Kokaingeschäfts laufen über Medellín. Produziert wird die Koka-Rohmasse hauptsächlich in Peru und Bolivien (dort sind die Kokablätter noch heute legales Nahrungsmittel). Erst in Medellín, später versteckt in Drogenlabors im unwegsamen Dschungel, wird die Masse 'veredelt'. Die größten Abnehmer sind die Junkies in den USA.
Pablo Escobar [COL] (Spitzname »El Patron«) ist der Boss des Kartells, vormals Autodieb und Zigarettenschmuggler, zwischenzeitlich Abgeordneter im lokalen Parlament und mit 2,7 Milliarden US-Dollar Privatvermögen einer der reichsten Männer der Welt. Als die Regierung (auf massiven Druck der USA) 1989 zur Jagd auf ihn bläst, schlägt er gnadenlos zurück. Ein Leben in Medellín ist gerade noch 10 US-Dollar wert, Richter, Journalisten, Politiker und Konkurrenten sind die Opfer. Auch Tausende völlig Unbeteiligte müssen dran glauben: zur falschen Zeit am falschen Ort! 1991 stellt sich der meistgesuchte Mann Lateinamerikas nach langwierigen Verhandlungen schließlich der Obrigkeit und erhält eine luxuriöse Villa als 'Zelle'. Als er am 2.Dezember 1993 aus dem selbsterbauten Luxusgefängnis flieht, wird er endgültig liquidiert. Das Kartell zerbricht - das Drogengeschäft hat längst andere Protagonisten gefunden. Mit Medellín aber geht es von nun an aufwärts. Steil aufwärts.
Heute ist Medellín eine halbwegs sichere Stadt. Auch wenn sich fast jeder Tante-Emma-Laden durch dicke Stahlgitter schützt und private »Seguridad« ein Boomgeschäft ist. Ausflüge in die Barrios, die wild wuchernden Vororte und Randbezirke sollte man allerdings meiden. Auch heute gilt ein Leben dort nicht viel! An den steilen Hängen des Tals des Rio Medellín drängen sich die winzigen Hütten dicht an dicht, stapeln sich übereinander und lassen kaum eine Gasse frei. Hier 'wohnen' die Hunderttausende, die vom Land geflohen sind, um in der Stadt ihr Glück zu suchen. 'Wohnen' allerdings ist kaum der rechte Ausdruck für das Leben in den winzigen Hütten aus Ziegeln und Wellblech, in denen sich auf geschätzten zwanzig Quadratmetern zwei bis drei Generationen drängen. Selbst die sonst allgegenwärtigen Schüsseln für den Fernseher fehlen. Hier muss ein billiges Transistorradio die Neuigkeiten der Welt bringen!
Die ausgedehnte City selbst, ihre wuseligen Straßen, ihre gutbesuchten Plätze, die Fußgängerzone (ja, auch so etwas gibt es hier!), in der sich die Menschen tummeln wie bei uns kurz vor Weihnachten sind vergleichsweise sicher. Die wenigen Touris, die sich hierher verirren, brauchen keine Angst zu haben, dass ihnen wegen zehn Dollar das Messer an die Gurgel gesetzt wird (die »normalen« Vorkehrungen gegen Kleinkriminalität (Taschendiebe u.ä.) sollte man - wie heute in praktisch jedem Land - aber durchaus befolgen). Nicht zuletzt ist das der massiven Präsenz der Polizei zu verdanken, die mit wahren Hundertschaften auf Plätzen, an Einkaufszentren, auf Bahnsteigen, in der Metro, kurz überall dort vertreten sind, wo mehr als fünf Menschen zusammenkommen. "Wir sind hier, um zu helfen!" lautet ihr Slogan. Tatsächlich kann man sich jederzeit an sie wenden und bekommt schnell und höflich Hilfe. Nicht nur, wenn man sich im Gewirr der Gassen - die irgendwie alle gleich aussehen - verheddert hat.
Dabei ist die Orientierung in der City kein größeres Problem. Die unübersehbaren Stelzen der Metrobahn markieren die zentrale Nord-Süd-Achse der Stadt. Wenige Hundert Meter links und rechts davon liegen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Sofern man von 'Sehenswürdigkeiten' sprechen darf. Klar, ein paar markante Gebäude und Plätze gibt es durchaus: den alten Hauptbahnhof, das klotzige Regierungsgebäude gleich daneben, das Einkaufszentrum Palacio Nacional, die filigrane Kathedrale Basilica de la Inmaculada Concepción de Maria (angeblich aus 1,2 Millionen Ziegeln erbaut) oder den Plaza Botero, auf dem 23 üppige Bronzeskulpturen Fernando Boteros das Andenken an den berühmtesten Künstler der Stadt bewahren. Dazwischen macht die Stadt allerdings einen eher schäbigen Eindruck: viel Grau, viel Beton, viel Verwittertes. Nirgendwo ein freundlicher Farbklecks! Steht man am Plaza Cisneros oder vor dem Sitz der Regierung von Antioquias, fühlt man sich wie zu Sowjetzeiten im Zentrum Moskaus oder Wladiwostoks.
Dazu ein Lärm! Er ist das erste, was dem Besucher entgegenschlägt, wenn sich die Türen der Metrobahn öffnen. Irgendwo plärrt immer ein Transistorradio - oder ein Ghettoblaster. Oder zwei oder drei davon! Jeder fliegende Händler preist lautstark seine Waren an, an jedem Restaurant wird man wortstark und mit vorgehaltener Speisekarte zu Tisch gebeten. Dazwischen das Hupen der Taxis, die nach Fahrgästen suchen, das Röhren der Busse, das Schreien der Motorräder. Ein Soukh in Afrika nimmt sich dagegen aus wie eine Insel der Ruhe. Der ganz alltägliche Wahnsinn einer Metropole Lateinamerikas eben!
Einen Schritt einzigartiger Weitsicht wagten die hiesigen Politiker gleich zu Anfang des neuen Jahrtausends: zur Erschließung der steilen, unwegsamen Vororte bestellten sie eine Standseilbahn. "Made in France". Bald eine zweite, bald eine dritte. Die vierte und fünfte Strecke sind schon im Bau. Neben der Metro, der modernen, 30 Kilometer langen Stadtbahn, die auf Stelzen über dem Verkehrsgewimmel der City schwebt und jedermann für ein paar Centavos durch die ganze Stadt bringt, bilden die Gondeln der MetroCable das Rückgrat des unerwartet modernen Verkehrssystems des 2-Millionen-Molochs. Brauchte man früher Stunden, um von einem der hoch belegenen Barrios per Bus, Taxi oder Motorrad in die City zu kommen, dauert die Fahrt heute gerade mal eine halbe Stunde (inclusive Anstehen am Ticketschalter, wo man allerdings Streifenkarten, Wochen- oder Monatskarten vergeblich sucht). Die Hunderttausende von Pendlern freut's gewaltig und so manches Wellblechdach einer armseligen Hütte ist mit mannshohen Dankeshymnen an die Politiker verziert. Wer sagt, dass Politiker nicht auch 'mal das Wohl ihrer Wähler im Auge haben können?
Was fällt noch auf in Medellín? Zum einen die vielen Bibliotheken! Schon in Cartagena waren die Kioske nicht zu übersehen, an denen man für ein paar Centavos 'Literatur' erwerben konnte. Vielleicht keinen Shakespeare (ich hab nicht danach gesucht) aber zumindest nicht nur Bilderbücher! Auf dem Stadtplan von Medellín sind nicht weniger als vierzehn (!) öffentliche Bibliotheken verzeichnet. Ein Hinweis, dass die Bewohner tatsächlich am Lesen und wohl auch an Bildung im Allgemeinen interessiert sind! Dazu zweiunddreißig Theater und sechzehn Museen! Offenbar tatsächlich eine 'gebildete' Stadt, eine Stadt der Künste, eine Stadt der Kultur. Kein Wunder, dass sich Fred und Cynthia, die beiden Künstler aus El Valle in Panama (ihr erinnert euch an das Container-Haus) von Medellín angezogen fühlen. Im Vergleich zu den Städten Mittelamerikas (Mexiko City einmal ausgeklammert), in denen Bücher, Bibliotheken oder Buchläden so gut wie gar nicht zu finden sind, ist das hier schon 'Bildungsparadies Pur'!
Und was noch? Na klar, die Menschen! Weiter oben hatte ich ja schon angemerkt, wie nett, freundlich und hilfsbereit die Kolumbianer sind. Selbst hier in der Großstadt. Überall wird gescherzt, gelacht, palavert und geschmunzelt. Die unvergleichliche Leichtigkeit der Karibik ist zwar einer gewissen Geschäftigkeit gewichen, von Stress aber weit und breit keine Spur! Auch wenn mir die Stadt selbst wenig zusagt (ihr wisst ja, welcher »Freund« von Städten ich bin), unter ihren Menschen fühle ich mich wohl!
Ja, und dann gibt es noch die Kolumbianerinnen. Der Behauptung, dass sie die attraktivsten Frauen Amerikas seien, kann ich nicht wirklich widersprechen. Und alle sind äußerst modebewusst! Sonst könnten wohl auch die Tausende von Mode- und Schuhgeschäften, die die Straßen der Stadt säumen und sich in den Einkaufszentren im Abstand von drei bis vier Metern aneinanderreihen, kaum überleben!
Überhaupt legen die Kolumbianer, wie die meisten Lateinamerikaner viel Wert auf ihre äußere Erscheinung. Schmuddel-Look ist hier definitiv nicht angesagt! Selbst die wenigen Bettler, die man in den Straßen trifft, sind ordentlich und sauber gekleidet! Auch in den »Barrios« - hinter deren Kulissen man ja aus der Seilbahn ein wenig luren kann - ist keine verdreckte oder schäbige Gestalt zu sehen.
Ob es an der Vorliebe der Kolumbianer für "Schönheit" liegt? Jedenfalls ist nirgends eine derart große Anzahl
an Schönheits- und Zahnkliniken zu finden wie gerade hier! Nicht, dass es die Einheimischen nötig hätten!
Die Hauptclientel der gut ausgebildeten - und nicht eben billigen - Schönheitschirurgen kommt aus dem Norden!
Aus USA und Europa. Bei allen Erfolgen der Chirurgen - mit den Einheimischen werden die bestgelifteten Damen nie
mithalten können! Wahre Schönheit kann man eben nicht erzwingen!
Andengipfel wie den Chimborazo in Ecuador oder den Cerro Torre in Patagonien kennt ihr alle - zumindest von der Landkarte. Aber den Piedra des Peñol? Dabei hat auch er seine Reize und es kostet ein paar Schweißtropfen, ihn zu 'erobern'. Gezählte 659 Stufen führen hinauf, 200 Meter über die Hügel ringsum. Kein Kreuz ziert seinen Gipfel, dafür ein eindrucksvolles Restaurant mit weitem Blick über den gleichnamigen Stausee zu seinen Füßen. Wenn nur die schwarzen, regentriefenden Wolken nicht wären, die sich immer mal wieder ins Bild schieben ...
Gleich hinter dem Granitmonster duckt sich ein kleines Städtchen, dass auf kaum einer Landkarte zu finden ist: Guatepé. Neben dem Besuch der obligaten Kirche - schon sie ist ein Kleinod, das ich hier draußen nicht erwartet hätte - lohnt ein Spaziergang durch die verwinkelten Gassen. Zacalos schmücken jedes noch so schmale Haus. Zacalos sind zusätzliche Betonsockel, die einst wohl einen guten Zweck dienen sollten, inzwischen zu so etwas wie dem Aushängeschild ihrer Bewohner wurden. Die farbenprächtigen, dreidimsionalen Gemälde sind mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Neben pointierten Szenen aus dem Alltagsleben zeigen sie auch Blumen, Häuser und filigrane Ornamente. Fast scheint es mir, dass ein jährlicher Preis für das schönste Zacalo vergeben wird, da sie z.T. immer wieder geändert und neu modelliert werden. Ein Mann namens »Nacho« hat sich hier offenbar eine goldene Nase verdient; seine Signatur findet man auf zwei von drei Bildern.
Wieder kann ich mich nicht entscheiden, welches der bunten Bilder ich Euch vorenthalten soll. Daher wieder eine kurze ...
Bald geht es nur noch bergab: von 2500 Metern rund um Medellín fällt der Höhenmesser um satte 2000 Meter, als sich die gute ausgebaute Straße am Ostabhang der Cordillera Occidental ins breite Tal des Rio Magdalena hinabschlängelt. Alle Wegweiser zeigen hier nach Bogotá. Aber vor dem Besuch der Hauptstadt will ich noch einen Schlenker gen Norden einlegen.
Kurz hinter Bucaramanga klettert die Straße - durch herrliche Landschaft, die ein wenig an die Schweiz erinnert - hinauf zum Cañon de Chicamocha. Hinauf auf die Cordillera Oriental, auf den östlichen Zweig der Anden. Richtig gelesen, zum Cañon geht es hinauf! Auf 1300 Metern Seehöhe lädt ein Rummelplatz mit Aussichtsterrasse, Wasserrutschen und teuren Restaurants zur Erholung und zum Geld ausgeben. Von oben bringt eine Seilbahn den Besucher in ein wenig attraktives - und schon gar nicht cañonartiges - Tal hinunter. Kolumbien upside down. Die Aussicht von oben allerdings ist traumhaft. Tausend Meter tiefer schlängelt sich der braune Fluss (es ist Regenzeit!) durch ein unerwartet karges Tal.
Wie kaum irgendwo sonst hat hier jedes Tal sein eigenes Klima. Rollt man über einen Pass, kann die Vegetation von 'dicht grün' zu 'wüstenähnlich' umschlagen - oder umgekehrt! An Abwechslung jedenfalls fehlt es nicht! Dafür sorgen schon die Kurven der Straße, die sich immer ganz dicht am Berg hält. Da ist Kurbeln angesagt! Brücken oder gar Tunnel? Unbekannt!
Trotzdem ist bald der Abzweig nach Barichara erreicht. Der Bilderbuchort an einem senkrechten Felsabbruch stammt ursprünglich aus den Zeiten der Chibchá-Indianer, die sich hierher zur Meditation zurückzogen. Einen hübscheren Flecken hätten sie sich kaum aussuchen können! Auch die Spanier erlagen der Magie des Ortes, bauten drei stattliche Kirchen und eine Kathedrale und wohnten in einstöckigen, leuchtend weißen Reihenhäusern oder prächtigen Kolonialhäusern mit blumengeschmückten Balkonen und schattigen Innenhöfen. Die wirklich einflussreichen Spanier aber ließen sich auf riesigen Finkas in der Umgebung nieder, woran sich bis heute nicht viel geändert hat. Nur dass eben heute reiche Kolumbianer dort wohnen.
Warum die Spanier wohl so gerne gerade hier siedelten? Warum die Andenregion nördlich der Hauptstadt auch heute zu den am dichtesten besiedelten Gebieten Kolumbiens gehört? Ein Blick auf die Landschaft könnte eine Erklärung liefern. Sanfte, grüne Hügel, fruchtbare Erde, ein tiefblauer Himmel, angenehme Temperaturen jahrein, jahraus. Kein Wunder, wenn sich die Spanier hier gleich heimisch fühlten. Dem Reisenden von heute ergeht es nicht viel anders.
Fragt man einen Kolumbianer, wo es besonders schön und interessant ist, erhält man - neben Santa Marta an der Karibikküste - meist die Antwort Villa de Leyva! Dabei ist das auch nur ein weiteres, kleines Städtchen im Hochland der Cordillera Oriental. Kolonialstil aus der Zeit »Don Quichotes«, eine viel zu groß geratene Plaza Mayor, eine unscheinbare Kirche, das Haus des Bürgermeisters, reich geschnitzte Balkone - meist ohne Blumen - schattige Innenhöfe ... und ein malerisches, fußmordendes Kopfsteinpflaster.
Ist es der Duft der zwei Dutzend Schreinereien, der durch die staubigen Gassen weht? Die aus harten Tropenholz die verzierten Balkone, Türen, Intarsien, Fensterrahmen oder simple Bodenbretter für die schmucken Häuser zimmern? Nein, die wahren Highlights von Villa de Leyva liegen vor seinen Toren. Und hinter seinen Türen.
Zum einen gibt es eine Hand voll Museen, die Überbleibsel aus der Zeit der spanischen Eroberung und Besiedelung zeigen. Lederbezogene Sessel, in denen Don Luis Alberto oder Donna Elvira saßen, vergilbte Bilder irgendwelcher Heiliger, rostige Schwerter und Rüstungen gefürchteter Konquistadoren, Kreuze mit Christusdarstellungen aller Größen und Stilrichtungen. Wandbehänge mit Familienwappen, Darstellungen blutiger Schlachten mit Einheimischen und grausamer Strafen in der Hölle. Nicht wirklich mein Ding! Schon interessanter eine - überaus modern anmutende - Skulptur im Stil der Indigenas, der Muisca, versteckt im Museo Casa Luis Alberto Acuña.
Zum anderen liegt vor den Toren von Villa de Leyva ein interessantes Tierchen. Schon etwas betagt, dennoch recht sehenswert. Eines von weltweit lediglich zwei gefundenen Exemplaren (das andere wurde in Queensland entdeckt). Die Rede ist vom Kronosaurus (»boyacencis ampes«), einem der mächtigsten Meeresbewohner zur Zeit des Pliozän. Damals, vor 110 bis 130 Millionen Jahren lagen Großteile des heutigen Kolumbien unterhalb des Meeresspiegels und während sich an Land Ungetüme wie der Tyrannosaurus Rex entwickelten, wurden die Tiefen des Meeres u.a. von Tierchen wie eben dem Kronosaurus bevölkert. Eine Mischung aus Fisch und Krokodil, gefräßig und gefährlich: ein gewandter, schwimmender Räuber. Sieben Meter misst sein versteinertes Skelett (wobei der Schwanz völlig fehlt), allein zwei Meter sein Kopf. Eine Schnute voller spitzer Zähne, die stark an ein Krokodil erinnert. So ähnlich soll er auch ausgesehen haben, nur viel, viel breiter ... und viel, viel hungriger! Und mit Flossen anstatt Beinen - schließlich lebte er im Meer.
In etwa zur gleichen Zeit tummelten sich ein paar Millionen Ammoniten im hiesigen, stark salzhaltigen Wasser. So viele, dass man ihre versteinerten, sehr schmucken Überreste heute in fast jedem Laden von Villa de Leyva kaufen kann. Mit Billigung der lokalen Paläontologen übrigens!
Auf halbem Weg zu den beiden, dem Kronosaurus und anderen paläontologischen Funden gewidmeten Museen liegt eine weitere Sehenswürdigkeit von Villa de Leyva: die Casa Terracotta, eine lustige, charmante, einfach nette Villa, ganz aus Lehm erbaut und ohne die sonst üblichen, langweiligen senkrechten Wände und rechten Winkel. Ein Häuschen zum Wohlfühlen, auch wenn neugierige Touristen vor den Butzenscheiben ihre Kameras schwingen.
Versprochen, es ist die letzte Stadt aus den Tagen der spanischen Kolonialisation. Inzwischen kennen wir sie ja schon recht gut: Die Plaza im Zentrum, darum herum aufgereiht die Kirche, die Villa des Bürgermeisters bzw. der heutigen Lokalverwaltung, Arkadengänge, Balkone (mit oder ohne Blumenschmuck), eine Filiale der Bank, Geschäfte und Tavernen. Tunja (gesprochen »Tun-tscha«) macht da keine Ausnahme.
Beachtens- und besuchenswert ist hier allenfalls die Casa de Escribando, das Haus des Notars. Schon lange zählten die Notare zu den angesehensten Bürgern der Stadt. Doch Don Juan de Vargas, der erste Notar und Stadtchronist von Tunja war nebenbei noch Kunstmäzen und verwandelte sein Haus in eine wahre Gemäldesammlung. Neben seinem Familienwappen (das gehörte wohl bei jeder besseren Familie zum guten Ton) zieren Nashörner, Pferde, Elefanten und allerlei Fabelwesen die Decke des großen Saals. Nach Aussage der Führerin sollten die Tiere all die Charaktereigenschaften (Standhaftigkeit, Eleganz, Treue und Freundschaft) des Hausherrn symbolisieren .
Geburtsort des freien Kolumbien
Ein kleines Brücklein über ein kleines Bächlein. Aber von herausragender Bedeutung für das kolumbianische Selbstverständnis. Ein Nationalheiligtum! Die Brücke von Boyacá. Zwischen den riesigen Aufmarschplätzen, zwei prächtigen (verschlossenen) Museen, an die 150 gehissten Fahnen und himmelstürmenden Statuen des Libertador, des Befreiers duckt sich das winzige Steinbrücklein. Dort, wo 1819 nur ein noch kleineres Holzbrückchen stand: an diesem unscheinbaren Ort wird der Grundstein zur Befreiung Kolumbiens gelegt. Hier wurde die wichtigste Schlacht im Ringen um die Unabhängigkeit Kolumbiens geschlagen. Wie war es dazu gekommen? (aus dem Reiseführer "Kolumbien" von Ingolf Bruckner, ISBN 978-3-8317-2453-6)
Wir schreiben das Jahr 1819. Der Vizekönig von Spaniens Gnaden regiert den Norden des südamerikanischen Kontinents
mit harter Hand. Doch es regt sich Opposition ...
Der geniale Militärstratege und Befreiungsheld
Simón Bolivar
weilt fernab in Agostura (im Osten Venezuelas)
und sinnt darüber nach, wie er seine, von starken royalistischen Einheiten kontrollierte Heimat Venezuela aus den Händen der
Kolonialmacht zurückerobern könne, als ihn Hilfegesuche der geschwächten kolumbianischen Untergrundkämpfer erreichen.
Die königstreue Streitmacht im Gebiet des heutigen Kolumbien ist weit weniger stark als in Venezuela, da die Royalisten
davon ausgehen, in Kolumbien bereits ganze Arbeit geleistet zu haben, was die Vernichtung von Oppositionellen angeht,
und dass allein in Venezuela noch ernste Gefahr seitens der Separatisten droht. Keiner vermutet, dass
Simón Bolivar
nicht gegen
Caracas,
sondern gegen
Bogotá
ziehen wird - doch genau das tut er.
Seine Verbündeten unter
José Antonio Páez
starten in Venezuela einen Ablenkungsfeldzug.
In der Zwischenzeit marschiert
Bolivar
unbemerkt quer durch das Land und unter großen Entbehrungen, denen viele seiner
schlecht ausgerüsteten Kämpfer erliegen, über den
Páramo de Pisba
hinauf in die Ostkordillere. Seiner Armee voraus
schickt er einen Aufruf an alle Dörfer, sich ihm anzuschließen - auf diese Weise vermag er neue Kämpfer
zu rekrutieren. Kleinere Scharmützel alarmieren die Hauptstreitmacht der Königstreuen unter dem Spanier
José Maria Barreiro,
und es kommt im
Pantano de Vargas (nahe Paipa)
zu einem ersten großen Zusammentreffen.
Bolivar wird in den Sumpf getrieben, doch die Verzweiflung und hohe Kampfmoral seiner Leute rettet die Separatisten
vor dem Untergang. Erst Bolivars Lanzenreiter können mit letzter Kraft die
vorrückenden Königstreuen zurückschlagen.
Nach dieser Schlacht stößt Verstärkung zu Bolivars Truppen und er unternimmt ein raffiniertes Täuschungsmanöver:
er tut so, als zöge er sich nach Osten zurück, macht aber in der Nacht kehrt, geht nach Westen und dann nach Süden
auf
Tunja
zu, das er am Morgen des 5.August mit geringem Aufwand einnimmt.
Barreiro
setzt nun panisch alles daran,
Bolivar von Süden her zu umgehen und ihm in den Rücken zu fallen. Als seine Truppen am 7.August gegen 14 Uhr
die Brücke über den angeschwollenen Bach
Teatinos
queren wollen, verrät nichts die Anwesenheit Bolivars,
der sich schon seit geraumer Zeit auf der Lauer befindet. Binnen weniger als zwei Stunden liegen 150 Royalisten und
63 Unabhängigkeitskämpfer tot oder verwundet auf dem Schlachtfeld. Bolivar hat darüber hinaus 1600 Gefangene gemacht -
darunter Barreiro persönlich. Etwa 1200 Royalisten fliehen in alle Himmelsrichtungen, viele
von ihnen werden später noch niedergesäbelt.
Als
Simón Bolivar
wenige Tage später in
Bogotá
einzieht, ist der spanische Vizekönig bereits ausgeflogen.
Bis 1821 wird es noch dauern, bis die Republik Großkolumbien faktisch unabhängig wird. Simón Bolivar wird - selbstredend - erster Präsident. Doch die unterschiedlichen Interessen dieses riesigen Reiches sind nicht zu einen: schon 1826 beginnt der Zerfall des jungen Landes: die heutigen Staaten Kolumbien, Venezuela, Ecuador und Panama suchen sich ihre eigenen Wege. Bis dahin wird noch viel Blut zwischen den Brudervölkern fließen.
Etwas ganz Besonderes: die Kathedrale von Zipaquira
Klar, eine Kirche hat die 70-Tausend-Seelen Gemeinde Zipaquira auch. Steinerne Fassade, zwei Türme, Glocken. Nachts illuminiert. So wie die anderen Kolonialstädte eben auch. Daneben aber beherbergt das Städtchen - dreißig Kilometer nördlich von Bogotá gelegen - ein wahres Kleinod. Oder Großod? Wie sagt man denn das nun? Jedenfalls ist die Kathedrale von Zipaquira die größte ihrer Art. Weltweit. Nirgendwo sonst gibt's ein vergleichbares Gotteshaus ... aus Salz.
Oben hatte ich ja schon geschrieben, dass Kolumbien noch vor ein paar Jahrmillionen auf dem Grund des Meeres lag. Eines sehr salzigen Meeres, wie die Wissenschaftler herausgefunden haben. Ein paar Jahrtausende später - als die Anden anfingen, sich in den Himmel zu recken - wurde daraus ein Binnenmeer und trocknete langsam aus. Das Salz des Meeres lagerte sich in riesigen Salzstöcken ab, wie wir das aus dem süddeutschen Raum (Berchtesgaden) ja auch kennen. Wieder ein paar Jahre später - die Menschen hatten inzwischen Südamerika besiedelt und waren sesshaft geworden - handelten die Muisca-Indianer mit dem kostbaren Gut, das sie ganz primitiv durch Verdunstung von salzhaltigem Wasser aus der Umgebung gewannen. Mit den Spaniern kamen neue Fördermethoden (der König hatte ein Monopol auf das hiesige Salz), mit dem Deutschen Alexander von Humboldt im Jahre 1801 auch fortschrittliche Bergmannstechnik zu Einsatz. Salz war seit Urzeiten der Geldbringer der Stadt! Machte Zipaquira zu einer der reichsten Städte Kolumbiens.
In den unterirdischen Stollen schuften musste natürlich der kleine Mann. Zunächst die Muisca unter spanischer Aufsicht, später die Bergleute unter Aufsicht kolumbianischer Herren. Schon bald beginnen die gläubigen Bergleute, 'ihren' Gang mit kleinen Kapellen zu schmücken, die sie aus dem Salzgestein heraushauen. 1954 entsteht eine erste öffentliche Kirche, die wegen Einsturzgefahr aber bald wieder geschlossen werden muss. Eine neue Abbautechnik schafft danach (auf einer ganz neuen Abbau-Ebene) riesige, stabile Kavernen. Wie die Zinken eines Kamms ragen nun die Stollen ins Gestein, zwanzig bis fünfzig Meter breit und hundert, zweihundert Meter lang. Das geht im hiesigen Gestein völlig ohne Stützkonstruktion. Schon beachtlich!
Ab 1992 wird die neue, dreischiffige Kathedrale in den Stein getrieben - eine viertel Million Tonnen Salz und Gestein werden ausgeräumt, bis das 8500m2 große Gotteshaus - hundertachtzig Meter unter Tage - fertig ist. Das Design einer oberirdischen Kirche könnte beeindruckender nicht sein: die avantgardistische Schlichtheit - alles besteht aus Salz bzw. salzhaltigem Gestein - die eindringliche, aber nicht aufdringliche Beleuchtung, die die Gedanken des Besuchers auf das eine lenkt: das sechzehn Meter hohe Kreuz - ebenfalls ganz aus Salzgestein. Diese Kathedrale kann es mit dem Petersdom in Rom lässig aufnehmen - auf einer ganz anderen Ebene natürlich.
Auf dem Weg zur Kathedrale schreitet der Besucher zunächst auf der unterirdischen »Via Crucis« die vierzehn Stationen im Leidensweg Christi ab, bevor er vom Chor aus einen ersten Blick in das imposante Mittelschiff werfen kann. Dort lauern dann auch die ersten Fotografen, die ... nein, nicht das Seelenheil versprechen - sondern das Erlebnis im digitalen Bild festhalten. Zurück an der Oberfläche kann man später Tassen, Mousepads, T-Shirts oder Wandbehänge mit dem eigenen Konterfei erstehen.
Was darf in Kolumbien an einem so viel besuchten Ort nicht fehlen? Richtig, Imbissbuden und ein Dutzend Souvenirshops! Auch dafür gibt's mehr als genug Platz. Zählt man alles zusammen, beanspruchen sie sogar mehr Platz als die Kathedrale selbst! Daneben zwei Kinos, in dem interessante Filme zur Entstehung des Salzes und der Geschichte der Kathedrale gezeigt werden, ein weiterer Vortragssaal für 2000 Menschen, eine Erste-Hilfe-Station, unterirdische WCs. An Alles ist hier unten gedacht.
Eines allerdings sucht man vergebens: Ruhe. Ich hatte Riesenglück und durfte als erster Besucher des Tages hinein, noch dazu allein, ganz ohne Gruppe, ganz ohne Führer. So konnte ich gnädig fünf Minuten köstliche Ruhe genießen, bevor all die Souvenirverkäufer, die Fotografen und die ersten Besuchergruppen kamen - und alles in ein nicht nur unterschwelliges Stimmengewirr tauchten. Von »Stimmung« konnte dann jedenfalls keine Rede mehr sein! Vermutlich deshalb wird die Kathedrale auch nachts geöffnet: für Meditationsgruppen mit Schlafmatte und Schweigegelübde! Sicher auch ein imposantes Erlebnis!
Pures Gold: das Goldmuseum in Bogotá
Fast alles haben die Spanier weggekarrt. Von El Dorado ist nichts mehr übrig. Der Mythos ist zerstört - hoch lebe der Mythos. "Gold": das Wort hat auch nach zwei Jahrtausenden nichts von seiner Faszination verloren (selbst wenn man die jüngsten Kurseinbrüche ernst nehmen würde)! Gott sei Dank haben die Spanier doch nicht alles weggekarrt und eingeschmolzen, die Indigenas hatten es gut versteckt. Sonst könnte man heute in Bogotá wohl kaum noch staunen: im Museo de Oro. Dem angeblich größten Goldmuseum der Welt - sicher einem der interessantesten!
An die 35.000 Exponate sind hier zu sehen, das Gros tatsächlich aus purem Gold und - weit faszinierender - aus Tagen, in denen die Spanier noch nicht einmal wussten, welch zauberhafte Dinge man daraus machen kann. Seit ca. 5000 Jahren wird in Südamerika Gold verarbeitet, anfangs in einfachen Schmelzverfahren (oft mit Kupfer vermischt), später zunehmend reiner und glänzender. Daraus fertigten die Künstler - die nicht selten auch Dorfchefs oder Schamanen waren - zauberhafte Figurinen, Brustplatten, Ohr- und Nasenringe, Kronen und unzählige Köpfe für den allgegenwärtigen »Kalkstab«, den sie zum Coca-Kauen brauchten.
Jeder der Volksgruppen, die vor der »Konquista« im nördlichen Südamerika siedelten, hatte ihre geheimen Herstellungsverfahren, ihren eigenen Stil und ihre eigene Verwendung für das wertvolle Metall. Allen gemeinsam war eine ungeheure Kunstfertigkeit und eine Liebe fürs kleinste Detail.
Eine Goldarbeit ist besonders herauszuheben: das Balse die Muisca (sh. links). Die Muisca waren eine Gruppe von Indigenen, die nördlich von Bogotá in den Bergen lebten und durch ihre fortschrittlichen Techniken bekannt war: nicht nur in der Goldschmiedekunst, sondern auch in der Salzgewinnung, in der Malerei, im Acker- und im Hüttenbau. Sie lebten unter anderem rund um den malerischen See von Guatavita (für sie ist der kreisrunde See noch heute das Zentrum des Universums). Die Sage geht, dass ihr oberster Schamane zu wichtigen Festen - zusammen mit seinen Priestern - auf einem Balsafloß auf den See hinausfuhr und dort Goldfiguren, Smaragde (gibt es auch in der Umgebung), Diamanten und andere Kostbarkeiten im See versenkte, um die Götter gütig zu stimmen.
Als die Spanier davon hören, ist ihre Gier natürlich nicht mehr zu zügeln: der ganze See wird abgelassen (das dauert an die sieben Jahre), aber von Gold und anderen Kostbarkeiten ist nichts zu finden. Doch die Legende bleibt: hier liegt das geheimnisvolle El Dorado!
Was bleibt ist die Erleichterung, dass den habgierigen Spaniern eben doch nicht alles
in die Hände gefallen ist! Sonst gäbe es das faszinierende
Museo de Oro
nicht, in dem man sich schon mal einen Tag
lang von der Kunstfertigkeit der 'Alten' anstecken lassen kann. Und wenn es das einzige ist, was man in
Bogotá, dem 8-, inzwischen eher 9-Millionen-Moloch unternimmt!
Alle 35.000 Ausstellungsstücke hab' ich natürlich nicht abgelichtet, aber ein paar davon findet ihr in der kleinen ...
Regen in der Wüste: Desierto de Tatacoa
Unfall in Bogota [COL] Bogotá lässt sich nicht lumpen: zum Abschied gibt es ein kleines Geschenk: zwei Zentimeter abgeplatzter Lack an der Stoßstange der Lady Grey, eine dicke Beule am Kotflügel des Unfallgegners. Aber der ist ja selber schuld! Fährt er mir am letzten Kreisverkehr von Bogotá doch von rechts in die Spur. Vordrängeln um jeden Preis - wie hier eben so üblich. Mich trifft keine Schuld. Das sieht auch die Policia Transito, die Verkehrspolizei so. Der werte Herr wird seinen Schaden selber berappen müssen. Sicher nicht billig, ist doch der ganze Kotflügel im Eimer! Vielleicht ist er dann beim nächsten LKW etwas vorsichtiger, dem er die Vorfahrt nimmt. Ganz ehrlich? Ich glaube es nicht!
Mit noch immer klopfendem Herzen rolle ich zweitausend Meter hinab ins Tal des Rio Magdalena. Die Vegetation ändert sich mit jedem Meter, mal wird's grüner, mal karger, dann wieder grüner. Jedes Seitental scheint sein eigenes Klima zu haben. Unten im Tal ist's dann nur noch warm! In der Umgebung von Neiva soll das Quecksilber bis 45°C klettern, ein Park im Norden der Stadt trägt sogar den Namen 'Wüste': Desierto de Tatacoa. Trotz 1200mm Niederschlag und fast schon kühlen Temperaturen! Welche Anmaßung im Vergleich zu 'richtigen' Wüsten wie Sahara oder Namib. Jedenfalls schüttet es nachts wie aus Kübeln und von den Sternen, die so toll leuchten sollen (es gibt ein eigenes Observatorium) ist nichts zu sehen.
Unbekannte Kultur in San Agustín
Weit im Süden Kolumbiens sind die Berge rau und die Täler tief. Tiefer als sonst irgendwo. Hier spaltet sich der Andenbogen in drei eigenständige Gebirge auf: die westliche, die mittlere und die östliche Kordillere. Hier entspringen die mächtigsten Flüsse des Landes: der Rio Magdalena, der Rio Caqueta, der Rio Cauca, der Rio Nariño. Alle fließen in unterschiedliche Himmelsrichtungen und ergießen sich in unterschiedliche Meere. Ein geografischer Knotenpunkt sondergleichen. Aber nicht nur ein geografischer!
Seit sechstausend Jahren siedeln hier oben Menschen, haben die steilen Hänge der mächtigen Täler urbar gemacht und pflegen intensive Beziehungen zu Nachbarn aus allen Himmelrichtungen. So belegen es die archäologischen Funde von San Agustín. Kontakte zum Amazonasbecken, zur Pazifikküste, zum Golf von Panamá und bis in die Karibik konnten die Forscher belegen. Das macht San Agustin zu einem der wichtigsten kulturellen Knotenpunkte der Anden.
Ihre eigene Kultur kam dabei nicht zu kurz. Dafür haben die Forscher sogar einen eigenen Namen geprägt: die San Agustín Kultur. Unter diesem Motto steht jedenfalls der Parque Arqueológico Nacional, ein paar Kilometer westlich der kleinen Stadt. Was hier - auf Schusters Rappen, zu Pferd oder im Jeep - zu entdecken ist , ist wirklich bemerkenswert! An die dreihundert Figuren stehen und liegen auf den Bergen rundum verstreut. Meist an landschaftlich herausragenden Punkten und mit genauer Ausrichtung nach den Sonnenstand. Ein Beweis, dass die frühen Bewohner schon gut über Sonne, Mond und Sterne Bescheid wussten. Wer diese Bewohner allerdings genau waren, woher sie kamen und warum sie so bald wieder ausgestorben sind, haben sie uns nicht hinterlassen. Die Spanier tragen daran - ausnahmsweise - mal keine Schuld.
Zwischen 6000 v.u.Z. und 200 v.u.Z. lebten diese Unbekannten hier und hinterließen den Forschern zahlreiche Keramiken (mit Inhalten aus allen Himmelsrichtungen). Ihre besten Jahre hatten sie dann aber bis 700 u.Z.
("Klassische Periode"), aus denen auch die Steinfiguren stammen, die uns heute so beeindrucken.
Ihre obersten Chefs waren Schamanen ("Jaguarmenschen"). Die lebten sprichwörtlich in 'El Dorado' - ihr Schmuck, den wir heute im Goldmuseum Bogotás bewundern können, belegt das.
Nach ihrem Tod ließen sie sich mit noch mehr Pomp beisetzen. Die größten Grabhügel, steinerne
Sarkophage, Goldschmiedearbeiten und die wenige Zentimeter großen,
oder aber mächtige, an die sieben Meter große Wächterstauen mit oft furchteinflößenden Gesichtern
wurden zu ihren Ehren geschaffen.
Ab 700 u.Z. ging's dann leider rapide abwärts ... und die heutigen
Einwohner schwören Stein und Bein, dass sie nichts mit dieser alten Kultur zu schaffen haben.
Damit ich euch nicht zu viele Bilder vorenthalten muss, gibts eine kleine ...
Zwischen San Agustin und meinem weiteren Weg Richtung Ecuador liegt eine kleine, aber feine Bergkette: die zentralen Kordilleren mit schneebedeckten Gipfeln bis 5750m. Man kann sie an vier Stellen queren: auf einer Teerstraße oben bei Bogotá, 800 Kilometer entfernt. Oder auf einer von drei Pisten, die hier im Süden - auf Höhen zwischen 3200 und 3500m drüberführen. Alle drei sind in haarsträubendem Zustand - zudem Operationsgebiet der Guerillas. "Nicht nachts fahren ... und am Tage nicht anhalten!" rät mir der Chef der Touri-Information. Sollte ich doch vorsichtshalber den langen Weg nach Bogotá zurückfahren?
Nein, ich entscheide mich für den kürzesten Weg nach Popayan und breche eben früh am Morgen auf. Die Piste ist wirklich in miserablem Zustand: schlammige Ränder, tiefe Schlaglöcher und eine holprige, steinharte Fahrbahn. Dazu herrscht viel Verkehr (für so eine Hochlandstraße). Wenigstens schützt der Verkehr ein wenig vor Überfällen auf allzu einsam Reisende! Ich fahre so schnell es der Lady Grey gefällt, aber mehr als zehn, fünfzehn Stundenkilometern sind meist nicht drin! Trotzdem erreiche ich das anmutige Valle del Frailejon auf 3200m früher als erwartet. Angeblich 'sicheres' Terrain. Erleichtert atme ich auf, von hier aus führt die Piste nur noch hinunter, in die Großstadt Popayan. Recht viel besser wird die Piste aber auch bergab nicht.
In Popayan finde ich - nach einem langen Abstecher - auch meinen 'roten Faden' wieder: die Panamericana (PANAM). Von hier an wird sie mich voraussichtlich ein paar Tausend Kilometer begleiten - von kleineren Abstechern mal abgesehen. Gott sei Dank ist die Straße in deutlich besserem Zustand als drüben in Panama. Hoffentlich bleibt das so! Das Fahren macht wieder Spaß - zumal in dieser herrlichen, bizarren, schroffen Landschaft! Es herrscht erstaunlich wenig Verkehr, und zwischen den Dörfern ist herrlich viel Platz ...
In Pasto gibt's sogar eine nagelneue Stadtumgehung. Kurz drauf geht's links steil bergauf - zur Laguna de La Cocha. Zu den Hütten mit Schweizer Flair und seinen leckeren Forellen ...
Die Grenze nach Ecuador ist nun nicht mehr weit. Anfang der Woche will ich hinüberrollen, um wieder einmal - zum wievielten Male eigentlich? - den Äquator zu überqueren und dem 'Kreuz des Südens' als Wegweiser zu folgen. In Quito, der höchstgelegenen Hauptstadt Amerikas erwartet mich - und Euch - schon das nächste Schmankerl der Südamerikaetappe: ein Ausflug zu den Galapagos Inseln!