Montevideo (Uruguay) (GPS: 34°54,282'S 56°12,672'W)
Die Uhr tickt. Tick - Tack. Unaufhörlich. Der Moment des Abschieds rückt näher. Nur noch zweiundsiebzig Stunden. Dann wird uns ein Monster von Schiff aus Südamerika fortbringen. Ein Ro/Ro-Schiff der Grimaldi Line: die Grande Amburgo. Für die Lady Grey und mich sind die letzten Stunden in Südamerika eingeläutet.
Nach einem schweren Gewitter, der das halbe Land unter Wasser setzt, rolle ich letzte Woche in Montevideo ein und sage beim Verschiffungsagenten "Hallo" und lasse das Ticket bestätigen. Als ich danach durch die belebten Straßen der City bummle, wird mir mit einem Schlag bewusst, dass das nun wirklich das Ende ist. Ohne Wenn und Aber. Das Ende der Etappe durch Südamerika. Die letzten Tage! Die letzten Kilometer! Termino! Ende! Aus!
Bevor der Abschiedsschmerz zu arg wird, stürze ich mich in die Vorbereitungen der Verschiffung und der nächsten Etappe. Was es da alles zu tun gibt! Die Dinge, die vor einer Verschiffung zu erledigen sind, sind inzwischen Routine, ist es doch schon das dritte Mal, dass ich die Lady aufs Schiff stellen muss. Doch gerade hier sollte im Trubel und der Aufregung nichts vergessen werden: ein Klasse Anwendung meines neuen Zeitplan-Tools [6].
Und dann erst die nächste Etappe! Europa steht ja auf dem Routenplan. Hatte ich mich vor einem Jahr noch mächtig darauf gefreut, die 'alte Heimat' einmal ausgiebig und ganz tranquilo erkunden zu können, so haben sich inzwischen Angst und Frustration in den Vordergrund gedrängt ... Ihr wisst schon, Bürokratie und die bekannte Weit-Stirnigkeit so mancher (uniformierter) Mitbürger ... Nach dem jahrelangen Laissez-faire in Nord- und Südamerika vermutlich eine schmerzliche Umstellung ...
Bevor es am Abend endgültig heißt, die Henkersmahlzeit einzunehmen - voraussichtlich ein Lomo con Roesti, wie es so lecker nur hier im Granja Hotel Suizo in Nueva Helvecia zubereitet wird - wollen wir die letzten Wochen in Südamerika Revue passieren lassen. Wochen? Nein, Monate, muss ich eher sagen, liegt der letzte Eintrag doch sage und schreibe fünf (!) Monate zurück. Wie die Zeit vergeht!
Also zurück von der stürmischen Atlantikküste und dem braunen Rio de la Plata, zurück an die Pazifikküste, nach Chile, drüben am anderen Ufer des riesigen Kontinents ...
Im großen Schlenker rund um Santiago [ARG] Im großen Schlenker rund um Santiago
Dass ich Städte nicht sonderlich mag, wisst ihr inzwischen. Santiago, die Hauptstadt Chiles macht da keine Ausnahme. Im Gegenteil! Also einen großen Bogen schlagen und die gesamte Region auf der anderen Seite der Berge umfahren: in Argentinien.
Der höchste Andenpass zwischen Chile und Argentinien, der Paso Aqua Negra mit seinen 4779m steht schon lange auf meinem Wunschzettel. Von La Serena nach Osten, durch das attraktive Weintal des Valle Elquí sollte mich die Piste über den Pass und auf direktem Weg zum argentinischen Dinosaurierpark bei Ischigualasto bringen, dessen Urtümlichkeit mir schon bei der letzten Runde imponiert hatte. Also wieder einmal: auf in die Berge!
Die Fahrt durchs Valle Elquí führt mitten hindurch zwischen ulkigen, von endlosen schwarzen oder weißen Netzen überdachten Weinfeldern. Von den in jedem Führer erwähnten UFO's ist allerdings weit und breit nichts zu sehen - vermutlich kommen die auch nur nachts. Dagegen wird das Tal zunehmend felsiger, enger und steiler. Dort wo nach einer engen Schlucht zwei Flüsse in den steinigen Rio Elquio münden, dort steht auch die Grenzstation: hundert Kilometer vor der eigentlichen Grenze. Doch die ist geschlossen! Die Grenze ebenso wie die Grenzstation. Der nette Gendarm erklärt mir, dass der Pass voraussichtlich erst in einem Monat geöffnet wird - gegen Anfang Dezember - wenn der Schnee weggeräumt und die weggespülten Straßenabschnitte neu gebaut sind. Dabei schreiben wir schon Anfang November - Hochsommer - und alle anderen Pässe sind längst befahrbar! Doch der Paso Aqua Negra ist eben 'was Besonderes!
Also wieder zurück zur Ruta 5, der schnellen, aber wenig eindrücklichen Nord-Süd-Achse. Doch Halt! Sagte der Führer nicht etwas von einem alten Inkapfad durch die Berge? Der Blick auf die Karte bringt Gewissheit: ab La Serena soll tatsächlich eine Straße - oder Piste - durch die Andenausläufer führen. Vorbei an Ovalle, Illapel und Cabildo soll sie direkt nach Los Andes führen - und damit zum Fuß des wichtigsten Passes über die ganz hohen Berge: den Paso Christo Redentor.
Die Route der alten Inkas - tatsächlich die einzige Alternative zur Ruta 5 - führt auf Schotterstraßen und in stetem Auf- und Ab von einem Quertal zum nächsten. Von einem Dorf zum nächsten. Von einem Stausee zum nächsten. Einer malerischer als der andere. Eine wahre Genusstour - sofern man sich ausreichend Zeit nimmt. Und die habe ich ja! Positiv anzumerken ist obendrein: seit sich der letzte Tourist hier herauf verirrt hat, sind viele, viele Jahre vergangen.
Am erinnerungsträchtigsten sind die vier Tunnels, die zwar nicht mehr aus den Inkatagen stammen, dennoch eng, dunkel und wellblechhaltig sind. Das Wellblech findet sich dabei nicht an den Wänden, wie erwartet - sondern unter den Rädern! Durch die fehlende Ausweichmöglichkeit hat sich ein ungemein bösartiges Wellblech gebildet, das kaum mehr als Kriechgeschwindigkeit erlaubt! In zweien der Tunnels muss man obendrein noch um die Kurve zirkeln - mitten im Finstern: ein Art Kehre - bei zwanzig Zentimetern Abstand zur Tunnelwand sind Augenmaß und Konzentration gefragt!
Der Aufstieg zum nächsten Pass ist auch nicht ganz ohne. Vor allem nicht ohne Verkehr. Der Paso Christo Redentor verbindet Santiago de Chile mit der Region um Mendoza (Argentinien) und ist die meistbefahrene Verbindung zwischen beiden Ländern. Auf sechzig Kilometern klettert die gut ausgebaute Straße von 1000m Seehöhe auf gut 3200m. Eine echte Hochgebirgsstraße - im Autobahnformat. Kurz vor dem Grenztunnel sind noch vierundzwanzig Spitzkehren zu meistern: für die langen Sattelschlepper eine arge Zirkelei, für uns nur eine willkommene Abwechslung. Trotz Hochsommer liegt oben noch jede Menge Schnee und der Schneepflug schleudert der Lady Grey eine dicke Ladung Streusalz ans Unterkleid.
Er ist nur drei Kilometer lang. Aber er trennt Welten. Und Klimazonen. Und Länder. Der Gipfeltunnel. Vor seiner Einweihung (1980) durften die Brummis nochmal Tausend Meter höher klettern und sich mühsam auf schnee-, lawinen- und steinschlaggefährdeten Pisten über den Gipfelgrat quälen. Heute ist es um vieles einfacher, dennoch sind im Winter Schneeketten Pflicht und der Tunnel - respektive die Zufahrten - sind oft tagelang wegen Lawinenabgängen gesperrt. Schließlich sind wir im höchsten Teil der Hochanden unterwegs!
Am Tunnelausgang grüßt die argentinische blau-weiß-blaue Fahne und ein ebensolcher Himmel. Wie weggewischt sind die schweren, schwarzen Schneewolken der chilenischen Seite, die Sonne lacht vom Himmel und die paar Grad unter null sind schnell vergessen. Die Berglandschaft ist noch bizarrer und deutlich wüster als die auf der Westseite des Tunnels. Bäume und Sträucher sind Mangelware. Würde der Himmel vollends aufreißen, könnte man am linken Straßenrand den Aconcagua erspähen, den mit 6959m höchsten Gipfel Südamerikas. [1]
Schaut man hingegen nach rechts, taucht bald nach der Zollstation ein farbenfrohes Felsgebilde auf: die Puente del Inka. Mit den alten Peruanern hat sie allerdings rein gar nichts zu tun - es handelt sich um Mineralien, die seit Jahrtausenden aus dem Gestein gespült werden und unter denen sich der junge Fluss eine schmale Schlucht gegraben hat. In dem wie hineingegossen aussehenden Steingebäude konnten die Besucher früher ihr Rheuma kurieren oder im warmen Thermalwasser plantschen. Seit einem Felsrutsch ist es allerdings geschlossen.
Mit jedem Meter, den der Höhenmesser nun wieder fällt, klettert hingegen das Thermometer. Wie von Geisterhand hingezaubert tun sich bei Uspallata mächtige Eukalyptus- und Pinienwälder auf, die der lebensfeindlichen Landschaft mit einem Streich die Bizarrheit nehmen. Doch Uspallata ist nur eine erste Oase, nach einer weiteren öden und abweisenden Schlucht rollen wir in die schier endlosen, grünen Felder der Mendoza-Region hinein. Dank seines sonnenreichen Klimas - und ausreichendem Nass aus den Bergen zur Bewässerung - gedeiht hier einer der besten Weine Argentiniens. Weinstöcke, soweit das Auge reicht: ihr frisches Grün haucht der sonst so kargen Landschaft wohltuendes Leben ein.
Das Nass muss jedoch nicht immer aus den Bergen kommen! Auch der Himmel ist - gelegentlich - voll davon. Auf der schnurgeraden und öden Straße nach San Rafael kann ich gemütlich aus dem trockenen Fahrerhaus heraus zuschauen, wie sich ein Gewitter über der Wüstenei austobt, das sich gewaschen hat. Über zwei Stunden lang zucken grelle Blitze aus dem tiefschwarzen Himmel, erhellen einen düsteren Regenschlauch, der sich aus den Wolken zum Erdboden ergießt. Je näher ich komme, desto greller zucken die Blitze und desto größer werden die Pfützen auf der Straße. Nass werde ich trotzdem nicht, denn die Lady scheint die Wolkentürme vor sich herzuschieben. Später im abgelegenen Cañon de Atuel fließen die letzten Wassermassen gerade ab ... und die karge Wüste erblüht in ungeahnten Farben.
Der Schlenker rund um Santiago de Chile ist damit nahezu komplett. Statt anonymer Wolkenkratzer, sechsspuriger Highways und atemberaubendem Verkehr durfte ich bizarre Berglandschaften, malerische Wüsteneien und ein sicher nicht alltägliches Wetterschauspiel bestaunen. Ein weiterer Pass, der Paso de Puelche - kaum erwähnenswerte 2553m hoch - bringt mich zurück auf die chilenische Andenseite. Auch hier liegt oben noch unerwartet viel Schnee. Der speist nicht nur einen ausgedehnten, malerischen und noch halb zugefrorenen Stausee, sondern auch ein gutes Dutzend imposanter Wasserfälle, die sich im Tal des Rio Maule in die Tiefe stürzen - in einer Landschaft, in der der nächste Vulkan nicht weit sein kann.
Umdenken im Land der Vulkane: rund um Osorno [CHL] Umdenken im Land der Vulkane: rund um Osorno
Wieder geht's ein paar hundert Kilometer auf der Ruta 5, der man einfach nicht entrinnen kann, nach Süden. Kaum sind Victoria und Curacautin passiert, gewinnt die Landschaft wieder an Abwechslung: wir sind in der Provinz 'Araucania', die ich ja schon auf der ersten Tour ausgiebig erkundet hatte (hier). Wenig später rollen wir auf schmalen Pisten in die Region 'Los Rios', in der nicht etwa die Flüsse das Aufsehenerregende sind, wie der Name suggeriert, sondern die Seen, denen sie entspringen. Da ist einer schöner als der andere, alle leuchten in tiefem Blau und hinter ihnen erheben sich mächtige Vulkane mit ihren weißen Schneekrägen - wie im Bilderbuch.
Eine Region, die man ohne Übertreibung zu den schönsten ganz Chiles zählen darf. Selbst ich als ausgemachter Wüstling muss das eingestehen! Hier kann man jeden Tag an einem anderen Platz stehen, Wandern gehen, am Strand sitzen und die tolle Aussicht genießen. Ein Plätzchen herrlicher als das andere. Zwischendrin kann man Touris bestaunen, die auf dem Volcan Osorno ihre Schitouren ziehen (der Sessel- und die paar Schlepplifte sind seit Wochen eingestellt) oder beim Rafting auf dem reißenden Rio Petrohue ihren Adrenalinspiegel aufbessern.
"Wenn du die 'Carretera Austral' noch im Dezember fährst, hast du wahrscheinlich besseres Wetter als im Januar oder Februar!" So rät mir Sergio bei meiner Stippvisite in der Lodge Suizandina. Er hat viele Jahre dort unten gearbeitet und sollte wissen, was Sache ist. Also werde ich direkt durchstarten und die Tage in der herrlichen Landschaft zu Füßen der Vulkane für die letzten Vorbereitungen vor der zweiten Abenteuerrunde durch Patagonien nutzen: Putzen, Einkaufen, Vorräte bunkern und bei der Lady nach dem Rechten sehen.
Letzte hätte ich besser nicht tun sollen. Denn nun muss ich schon wieder umdenken. Umplanen. Das Abenteuer abschreiben. Kleinere Brötchen backen!
Warum denn das? Ein Blick an die Hinterachse der Lady Grey deckt ein Ölleck auf. Dort wo die Kardanwelle ins Differential mündet, ist offenbar ein Simmering undicht, das Öl rinnt heraus und die Welle schleudert es in alle Ecken. Mist, Mist, Mist! Es ist zwar Nichts, was jetzt sofort in die Werkstatt muss oder den Abbruch der Reise bedeuten würde. Aber eine tausend Kilometer lange Piste durch nahezu unbewohnte Regionen möchte ich mit diesem Leck nicht angehen. Dazu kommt, dass ein unbekanntes, partout nicht identifizierbares Klappern an der Vorderachse, das mich schon seit Canada begleitet, in den letzten Wochen hörbar lauter wird. Und unbekannte Geräusche erzeugen immer ein höchst mulmiges Gefühl in der Magengegend! Zwei Dinge also - zusammengenommen - die mich schließlich einlenken lassen: ich muss nicht jedes Mal mit dem Kopf durch die Wand! [7]
Vielleicht sind es aber auch nur die Alternativen zur 'Carretera', die zu sehr locken: das Seenland auf der argentinischen Seite, die malerische Ruta de Siete Lagos, das alpenländische San Martin de los Andes, die erfrischende Region um den Vulkan Lanin? Dort drüben finde ich sicher die eine oder andere Gelegenheit, die Seele baumeln zu lassen, um den selbstverordneten 'Verlust' der 'Carretera Austral' zu überwinden.
Eigentlich hatte ich mir die 'Carretera Austral', diese weltbekannte Abenteuerroute - landschaftlich wie fahrerisch höchst interessant und abwechslungsreich - bis ganz zum Schluss aufgehoben. Die Krönung der Südamerikaetappe. Danach hätte ich guten Gewissens verschiffen können - in der Überzeugung, 'alles Sehenswerte' in Südamerika gesehen zu haben. So muss ich nun nur halb verrichteter Dinge wieder abziehen! Andererseits ist es auch ein mehr als guter Grund, noch einmal zurückzukommen. Denn außer der 'Carretera' hat Südamerika immer noch so einiges zu bieten, was ich mir ansehen - oder noch einmal ansehen - möchte. Hier im Süden, vor allem aber oben im Norden: in Peru, Bolivien und Kolumbien habe ich längst nicht 'Alles' gesehen! Und nirgends auf der Welt- das sei hier auch einmal gesagt - ist das Reisen mit dem eigenen Fahrzeug so relaxed, so einfach und problemlos wie in Südamerika!
Noch aber schmerzt die selbsterteilte Absage! Ob aus Sympathie mit meinem Nervenkostüm oder aus anderen Gründen: jedenfalls schlägt das Wetter rapide um. Drei Tage lang kann ich von meinem exponierten Parkplatz am Fuße des Vulkan Osorno den Wolken beim Ziehen zusehen. Dann packt mich endgültig der Frust und ich wechsle hinüber auf die argentinische Seite, flüchte unter den großen Regenschirm der Anden. Noch mehr Grau hält mein seelisches Gleichgewicht nicht aus. Auch wenn es erst in zwei Monaten oder so fährt: nun bin ich endgültig auf dem Weg zum Schiff!
Das Ende hat einen Anfang genommen.
Autokultureller Höhepunkt: Moncopulli [CHL] Autokultureller Höhepunkt: Moncopulli
Der Weg in schöneres Wetter - und hoffentlich positivere Stimmungen - führt von Osorno direkt nach Osten, durch den Nationalpark Puquehue hinüber nach Villa La Angostura und San Carlos de Bariloche in der herrlichen argentinischen Seenregion.
Vorbei an einem kleinen Hinweistaferl, das in völlig untypischer, altdeutscher Schrift auf ein winziges Museum und ein noch viel kleineres Restaurant hinweist. Da gerade der Magen knurrt, setzte ich flugs den Blinker: im gemütlichen Restaurant gibt's einheimische Küche - zu ganz passablen Preisen. Doch zunächst kommt die 'Arbeit'!
Don Bernardo, der Besitzer des Museums Moncopulli stammt ursprünglich aus Pommern. Trotz seiner achtzig Lenze ist er topfit und führt den Besucher höchstpersönlich durch seine einmalige Sammlung. Zu jedem Vehikel weiß er die eine oder andere Geschichte zu erzählen. In Spanisch/Chilenisch ebenso wie in Deutsch, Englisch oder Französisch. Wortreich erzählt er, wie er zu den vielen Autos gekommen ist, wie er sie eigenhändig restauriert und wieder verkehrstüchtig gemacht hat. Und warum es keine europäischen sind, sondern (fast) ausschließlich amerikanische Studebakers: seine chilenische Frau hatte offenbar mächtig ihre Finger (und ihr Geld) im Spiel, um aus Bernd/Don Bernardo in späten Jahren einen passionierten Autosammler zu machen. Über einhundertfünfzig Fahrzeuge (alle stammen aus Chile) glänzen inzwischen in den Hallen, in denen früher Traktoren, Pferde und Kühe standen.
Seine Sammlung an prächtig restaurierten und chromblitzenden Limousinen aus den USA wird ergänzt durch ein halbes Dutzend deutscher Autos - allen voran ein prächtiger Opel Kapitän. Im Hintergrund dudelt ganz unaufdringlich die perfekt passende Musik: Schlager und 'Evergreens' aus den 50-ern und 60-ern und ruft lustige wie schon fast geschichtsträchtige Erinnerungen wach. Mehr noch sind es zwei Exponate, mit denen ich mein halbes Leben verbinde: ein 'Mini 850', dem ich mein Reisefieber zu verdanken habe [2] und ein UNIMOG, mit dem ich versucht hatte, dieses Reisefieber zu kurieren! Ohne großen Erfolg, wie ihr ja wisst! Jedenfalls ist es pure Sentimentalität, der ich den restlichen Nachmittag nachhänge. Irgendwie zur Stimmung passend.
Zum dritten Mal: Weihnachten in Südamerika [ARG] Zum dritten Mal: Weihnachten in Südamerika
Schon zum zweiten Mal in den letzten drei Wochen spiegelt das Wetter getreulich meinen Stimmungszustand wider! Oder funktioniert das etwa andersherum? Jedenfalls herrscht strahlender Sonnenschein, als ich die Ruta de Siete Lagos unter die Räder nehme. Zum wiederholten Mal rolle ich am Montag aus dem touristischen, dennoch sehenswerten Villa La Angostura hinaus, muss aber schon nach fünf Kilometern, am Lago Correntoso den ersten Fotostopp einlegen.
Recht viel weiter komme ich auch den Rest der Woche nicht! Ein See nach dem anderen gleitet vor die Kameralinse, einer idyllischer als der andere. Schon am Rio Traful ist Schluss mit Fahren. Der See und ein idyllischer Camp am Ufer laden zum Bleiben. Der rechte Ort, die restlichen Vorbereitungen zum Fest zu erledigen. Vorbereitungen wie Plätzchen essen, Stollen anschneiden und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Mit dem schönen Wetter ist allerdings pünktlich zum vierten Advent Schluss. Ein ausgedehntes Tief schiebt sich aus Chile herüber und der geneigte Besucher stellt sich die Frage, wer bitteschön den großen Regenschirm, den der Andenhauptkamm für den Osten darstellen sollte, zugeklappt hat. Regen, Regen, Regen. Regen, dass man morgens gar nicht die Vorhänge öffnen will, um nicht schon wieder die bekannten, dicken Rinnsale an den Scheiben zu sehen.
Und offenbar bringen finstere Wolken auch finstere Gedanken mit sich ...
Ketzerische Erleuchtung zum Fest [ARG] Ketzerische Erleuchtung zum Fest
Gut, dass wir im Jahr 2017 leben. Nicht im Jahr 1617. Damals hätte ich mir auf dem Scheiterhaufen sicher ein paar deftige Brandblasen geholt! Wir schreiben den 24.Dezember. Weihnachten, für die Christen gemeinhin ein Fest der Freude, der Geschenke und der Besinnung.
Ein paar Gedanken mache auch ich mir.
Allerdings wenig weihnachtliche. Genauer gesagt, ausgesprochen ketzerische - nach dem Maßstab von 1617. Ein großer Freund von 'Glauben' - vom Akzeptieren unbelegter Behauptungen - war ich mein Lebtag nicht gewesen, aber just am 'Heiligen Morgen' habe ich eine Vision, die mich zunächst nur nachdenklich stimmt, später aber - nach dem Studium einiger aufschlussreicher Bücher und Artikel (dem Internet sei Dank!) - vollends vom Glauben abrücken lässt.
Vor allem von diesem Glauben.
Ich möchte nicht zu sehr in die Details gehen - diese Seite handelt schließlich vom Reisen! Doch wie sagte schon Hermann Keysering: "Der kürzeste Weg zu sich selbst führt um die Welt herum." Und ich bin gerade mal auf halber Strecke ...
WoMo-Treffen in San Martin [ARG] WoMo-Treffen in San Martin
San Martin de los Andes am Nordende der argentinischen Seenplatte ist ein nettes, vielleicht etwas zu touristisches Städtchen. Im Winter geben sich hier Schifahrer, Tourengeher und Snowboarder die Klinken der Sportläden in die Hand. Im Sommer ist es augenscheinlich Treffpunkt der Camper und Wohnmobilfahrer. Der argentinischen, wohlbemerkt! Zu schön ist aber auch die Gegend, die man von hier aus erkunden kann! Erkunden könnte - sofern das Wetter mitspielt.
Bei dem unbeständigen, kaum vorhersagbaren Wetter - in Bayern würde man 'Aprilwetter' dazu sagen, aber wir schreiben Anfang Januar und befinden uns auf der Südhalbkugel - kann man eigentlich gar nichts unternehmen. Außer vielleicht durch den Ort watscheln, wo an jeder Straßenecke ein Café wartet, in dem man Unterschlupf vor dem nächsten Schauer finden kann. Um ein Haar hätte ich mich dabei noch verlaufen. Nicht wegen der leckeren Irish-Coffees, die in diesen Cafés kredenzt werden, sondern wegen der typischen, immer hübsch parallel verlaufenden Hauptstraßen und der holzverkleideten Häuschen, die sich furchtbar ähnlich sehen. Eine Stadt aus der Retorte eben.
Was mir beim Rundgang ins Auge sticht, sind die ulkigen, dennoch hübsch anzusehenden argentinischen Wohnmobile. Die meisten sind schon etwas betagt, aber einfach und praktisch eingerichtet: die riesige Auswahl an Spezialteilen wie in Deutschland findet man hier natürlich nicht. Trotzdem taugen sie allesamt offenbar prima zum Reisen - vor allem, wenn man die südamerikanische Devise befolgt: "Tranquilo!" Und alle scheinen sich hier in und um San Martin ein Stelldichein zu geben.
Für Freunde individueller Reisemobile gibt's rechts noch eine kleine Fotostrecke ...
Geheimtipp: Villa Pehuenia [ARG] Geheimtipp: Villa Pehuenia
Für die Einheimischen ist es längst kein Geheimtipp mehr. Trotzdem sucht man die Touri-Massen vergebens - auch die argentinischen. Auch in einem europäischen Reiseführer werdet ihr den Ort vergeblich suchen. Dabei ist er ein wahres Kleinod: etwas abseits gelegen, aber landschaftlich allererste Sahne!
Das fängt schon bei der Anreise an: die führt durch wunderschöne lichte Araukarienwälder, an quirligen Bächen entlang und über sanft geschwungene Hügel. Erst kurz vorm Ziel öffnet sich dann der Blick auf den Lago Aluminé und seinen Zwillingsbruder, den Lago Moquehue. Welcher von den beiden unterm Strich der schönere ist, müsst ihr selber entscheiden. Villa Pehuenia, der einzige Ort weit und breit, liegt im Lago Aluminé, auf einer malerischen Halbinsel nahe der Engstelle ('La Angostura'), die beide Seen verbindet.
Was die Region so besonders macht, sind Hunderte von romantischen, unbewohnten Inseln, die verstreut in den kristallklaren Wassern der beiden Seen liegen. Zu erreichen sind sie am besten mit dem Boot: entweder mit dem eigenen oder dem aus dem Kanuverleih am Strand. Rund um die Inselchen reiht sich eine malerische, sandige Bucht an die andere. Jede lädt ein zum Schwimmen, zum Abschalten, zum Relaxen, zum Nichtstun. Zum Leben eben!
Die Buchten des 'Festlands' sind nicht weniger malerisch. Auf ihren Felsen kleben wie überdimensionale Schwalbennester oft ebenso malerische wie aussichtsreiche Ferienhäuschen der Besser-Betuchten. In den lichten Wäldchen dazwischen aber kann man getrost sein Zelt aufschlagen oder das WoMo parken - ganz wie es beliebt. Nur Feuer machen ist nicht gern gesehen - zu schnell ist der junge Wald zu Asche gemacht.
Den besten Überblick über all die Schönheit bietet der hauseigene Vulkan, der Volcano Batea Mahuida, den man entweder im 4WD oder besser bequem zu Fuß ersteigen kann. Von seinem Gipfel schweift der Blick nicht nur zu den malerischen Seen in der Tiefe sondern auch zu einem munteren Quintett noch heute tätiger Vulkane - fast alle in greifbarer Nähe: der Lanin (3776m), der Villarica (2840m), der Llaima (3125m), der Tolhuaca (2806m) und ganz im Norden der Capahue (2980m). Ein Ausblick, wie man ihn selbst in Schweizer Nobelkurorten nicht finden kann!
Also: wenn ihr gerade am Weg seid: jetzt wisst ihr, wo es wirklich schön ist! Im Winter könnt ihr prima langlaufen, die Pisten mit dem hauseigenem Lift sind hingegen eher etwas für die Zwergerl. Lohnenswert wäre es allemal.
Nach Villa Pehuenia werden die Attraktionen merklich weniger - oder standen schon einmal vor meiner Linse. Viel Atemberaubendes gibt es daher nicht zu vermelden, weder mit Worten noch mit Bildern. Trotzdem bleibt auch die Gegend gleich östlich von Santiago höchst interessant und abwechslungsreich - egal, ob auf chilenischer oder argentinischer Seite. Gerne bleibe ich daher an dem einen oder anderen Ort, den ihr schon von früher kennt. Hauptsache irgendwo in den Bergen! Denn eines möchte ich unter gar keinen Umständen: die Anden zu früh im Rückspiegel sehen. Denn: was danach folgt, ist klar: Pampa, Ebene, schnurgerade Straßen. Eintönigkeit! Dann doch lieber noch ein paar Kilometer in den Bergen herumkurven - auf die Gefahr hin, die eine oder andere Straße zum zweiten oder dritten Mal unter den Rädern zu haben! Denn auch die Lady Grey läuft inzwischen wieder wie geschmiert; die kleinen Malaisen, die mich von der 'Carretera Austral' abgehalten hatten, haben sich von selbst kuriert (zumindest das Leck an der Hinterachse) und das Fahren in diesen landschaftlich so netten Regionen macht einfach nur eines: Spaß!
Aber es ist schon ulkig: je näher der Termin der Verschiffung - und damit die unvermeidliche Rückkehr nach Europa - rückt, desto weiter scheint das dortige Amtsgetier seine Fühler auszustrecken ... Ganz so, als ob es gar nicht abwarten kann, mich (wieder) in seine Klauen zu bekommen ...
Strafzettel Mallargüe [ARG] Der Amtsschimmel wiehert (1)
Das erste Wiehern des tückischen Gauls muss ich in Mallargüe vernehmen. Ein mindestens ebenso verschlafenes wie touristisches Städtchen am Ostrand der Anden. Von hier aus pendeln Touristen zu den angesagten Skigebieten von La Leñas oder zu den hochandinen Thermalbädern von Sosneado und Azufre. Im Sommer allerdings verlieren sich Menschen wie Autos in den breiten Gassen des staubigen Städtchens.
Es ist Montag, obendrein der Monatserste und die Damen des Umlands holen den Monatslohn ihrer Männer (die oft anderswo arbeiten) von der Bank, um ihn in stabilen Sachwerten wie Mehl, Kartoffeln oder Asado anzulegen, bevor er von der Inflation aufgefressen wird. Entsprechend lang sind die Schlangen an den Geldautomaten und Supermarktkassen.
Die Lady Grey steht derweil auf einem Parkplatz (wie ich annehme) am Straßenrand, weit weg von jedem Verkehr, ohne irgendein Verbotsschild und ohne angemalten Randstein (was hier auch ein Parkverbot signalisieren kann). Aber was soll ich sagen: nach meiner Shopping-Runde durch die Stadt hängt ein dicker blauer Zettel an der Windschutzscheibe: ein Knöllchen, made in Argentina. Umgerechnet 39 Euronen wollen die Herrschaften haben - für einmal Parken am Straßenrand! Unverschämt! Mit Rabatt (sofern ich innerhalb von drei Tagen bezahle) wären es immer noch 23 Euro. Aber ich denke gar nicht daran, einen einzigen Peso zu berappen! In anderen Regionen der Welt erhält man als Tourist, der etwas falsch macht, allenfalls einen freundlichen Hinweis zur Rechtslage. Obendrein bin ich sicher, nichts falsch gemacht zu haben! Und die Kassen der Stadt zu füllen, dafür bin ich schon gar nicht zu haben!
Also der unfreundlichen Stadt - und der ganzen Provinz - möglichst schnell den Rücken kehren! Denn nur innerhalb der eigenen Provinz können die Gesetzeshüter derartige Knöllchen eintreiben.
Zoll beschlagnahmt Reisemobile [URY] Der Amtsschimmel wiehert (2)
Zum zweiten Mal wiehert der Schimmel drüben in Uruguay. Sogar einige Klassen lauer! Um ein Haar hätte er sogar über mich gewiehert. Ihr erinnert euch sicher an das Granja Hotel Suizo, wo ich die Lady Grey untergestellt hatte, als ich im Frühjahr auf Stippvisite in Bayern war. Andere Langzeitreisende hatten ihre Fahrzeuge ebenfalls dort abgestellt - und finden sie plombiert und mit großen Aufklebern versehen wieder: vom Zoll beschlagnahmt! Achtzehn Camper, vom kleinen Toyota Landcruiser bis zum großen MAN-Reisetruck sind allein auf diesem Stellplatz betroffen, mehrere Dutzend weiterer Fahrzeuge auf anderen Plätzen.
Die Eigentümer sind natürlich wenig erbaut, sind sie doch nach Südamerika gekommen, um zu Reisen, nicht um sich mit den Gerichten herumzuschlagen. Und etwas Illegales hatten sie ja nicht getan: das Unterstellen der Fahrzeuge wird seit vielen Jahren praktiziert - und allenthalben toleriert. Fast schon so etwas wie ein Aushängeschild Uruguays. Mithin auch ein Grund, warum Reisen in Südamerika so problemlos ist. Ganz offiziell dürfen Fahrzeuge aus Nicht-MERCOSUR-Staaten[3] zwölf Monate im Land verbleiben, die zugehörigen Fahrer allerdings nur drei Monate! Dass das Fahrzeug bei jeder Ausreise des Halters ausgeführt werden muss, steht nirgendwo geschrieben.
Einem missliebigen Zeitgenossen ist die Praxis offenbar ein Dorn im Auge: er zeigt anonym den Inhaber des Granja Hotel Suizo an. Der Zoll rückt an und konfisziert vorsichtshalber sämtliche ausländischen Fahrzeuge. In Nueva Helvecia ebenso wie in weiteren Orten, an denen europäische Reisemobile untergestellt sind. Das Geschehen findet sogar Gehör in der europäischen Presse: Wilde Kisten - stillgelegt titelt die Süddeutsche Zeitung.
Das Echo aus Europa ist vermutlich auch der Grund, warum danach alles recht zügig über die Bühne geht - für südamerikanische Verhältnisse. Nach zehn Wochen fällen hochgestellte Richter ihr Urteil. Eine Eile, die ich hier am allerwenigsten erwartet hätte, ein Zeitraum, der in Europa völlig undenkbar ist (da geht unter zwei Jahren gar nichts!) Obendrein fällt der Richterspruch höchst positiv aus: die Fahrzeuge sind wieder frei, es muss weder Zoll nachgezahlt werden noch werden sonstige Auflagen verordnet. Und Don Rudolfo, der Eigentümer des Granja Hotel Suizo hält nun ein höchst amtliches Schreiben in Händen, dass das Unterstellen ausländischer Fahrzeuge vollkommen legal ist!
Die Betroffenen sind noch einmal mit einem blauen Auge - und einem gerupften Geldbeutel - davongekommen. Tatsächlich gibt es schlimmere Orte, eine Wartezeit auszusitzen als Uruguay. Offen bleibt allerdings die Frage, was die Offiziellen langfristig aus der Sache machen werden. Doch die Behörden denken laut den Prozessbeteiligten gar nicht daran, irgendetwas zu ändern! Dieser Kelch ist offenbar noch einmal an uns vorübergegangen! Es bleibt alles beim Alten!
Papiere für Frachtschiffreise [EUR] Der Amtsschimmel wiehert (3)
Zur gleichen Zeit, als ich den Uruguay-Schimmel wiehern höre, erledige ich die Buchung für die Rückverschiffung der Lady Grey nach Europa. Auch dabei scheint der Amtsschimmel zur Höchstform aufzulaufen! Die Buchung der Fährpassage über Seabridge läuft wie erwartet problemlos. Aber ich möchte auf dem gleichen Schiff als Passagier mitfahren (was die Grimaldi-Line lautstark offeriert). Doch dazu fordern die Bürokraten in Neapel Papiere über Papiere!
Dass Pass und KFZ-Zulassung vorzulegen sind, ist klar. Aber warum muss ich zur Buchung einer Schiffsreise eine gültige Krankenversicherung (mit Rückholservice) nachweisen, obwohl kein Arzt an Bord ist, der etwas abrechnen könnte? Warum eine Gelbfieberschutzimpfung, wenn wir in keinem Land festmachen, wo so etwas vorgeschrieben ist? Obendrein sind drei eng bedruckte Seiten voller Paragraphen zum Verhalten an Bord sowie zu den Vorschriften beim Ein- und Ausschiffen zu unterzeichnen! Bist du älter als siebzig, ist endgültig Schluss, denn dann brauchst du ein amtsärztliches Gutachten, dass du körperlich und geistig einer derart langen Reise gewachsen ist! Ätzend!
Vorschriften bei Rückkehr nach Europa [EUR] Der Amtsschimmel wiehert (4)
Den letzten, noch verbliebenen Rest meiner 'Tierliebe' raubt mir ein paar Tage später die Recherche, was ich nach der Rückkehr nach Europa alles zu berücksichtigen habe. Viel hätte nicht gefehlt und ich hätte die Verschiffung wieder abgeblasen und mich die nächsten Jahre weiterhin irgendwo außerhalb Europas 'rumgerieben! Je weiter weg, desto besser! Sollte die bevorstehende Etappe meiner Reise wirklich unter dem Motto stehen: Abenteuer im Dschungel der Paragraphen?
Was es da alles zu beachten gibt!
- Re-Import der Lady Grey unter Zahlung hoher Zollgebühren (falls sie länger als drei Jahre außerhalb Europas unterwegs und zwischenzeitlich abgemeldet war)
- Überführung der Lady Grey nach München ('MAN Haus- und Hofwerkstatt')
(rechtlich zwielichtig, ist das Fahrzeug zwar zugelassen und versichert, aber mit längst abgelaufener HU/AU) - Reparaturen Lady Grey und Durchführung HU/AU [4]
- Einbau eines digitalen Tachographen (andernfalls ist - seit 2016 - die Führung des Fahrtenschreibers Pflicht!)
- Befreiung von der LKW-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen (TollCollect)
- Klärung der PKW-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen (ab 2018?)
Erst wenn das alles erledigt ist, darf ich wieder offiziell in der Republik herumfahren, ohne mit einem Bein in St.Adelheim zu stehen! Aber nur in der geliebten Republik! Überquere ich die Grenze, muss ich mich - nolens, volens - mit den dortigen Mautbestimmungen herumärgern (die gibt's übrigens recht übersichtlich auf www.camperstyle.de zusammengestellt).
Versteht mich nicht falsch: Ich finde die Maut - für alle Fahrzeuge - richtig und notwendig. Solange die Einnahmen daraus wieder in den Straßenverkehr zurückfließen und nicht nur andere Steuerlöcher stopfen! Was mich jedoch maßlos wurmt, ist die Unterschiedlichkeit der Regelungen. Jedes Land - und ist es noch so klein - hat seine eigene Art und Weise, die Maut zu kassieren. Mal muss an Mauthäuschen gezahlt werden, mal bekommt man eine Rechnung, mal muss vorab eine Box im Fahrzeug installiert werden. Mal so, mal so, mal andersrum! Gerade in eh schon winzigen Europa mit seinen Dutzenden von unnötigen Grenzen ist das echt ätzend! In allen Gesetzen werden einheitliche europäische Regelungen angestrebt. Nur dort, wo es praktische Vorteile bringen könnte, eben nicht! Ein dreifach Hoch auf Politik, Regulierungswut und geistige Kleinstaaterei!
Ihr seht schon: ich kann es kaum erwarten, in den Dschungel aus Paragrafen zurückzukehren. Nach über vier Jahren grenzenloser Freiheit und praktisch ohne jegliche Bevormundung wird das sicher kein Zuckerschlecken werden!
Um ein Haar verfehlt: Elektrokarren in Punta del Este
Wenn ich doch nur etwas gelenkiger wäre! Dann könnte ich mich wenigstens in den Allerwertesten beißen! So bleibt mir Nichts als still vor mich hin zu Grummeln ... und diesen Blog schreiben
Gestern stehe ich an einem idyllischen - wenn auch etwas stürmischen - Platz am Strand, direkt vor den Toren von Maldonado im äußersten Südosten des Landes. In Promikreisen besser bekannt als Punta del Este. Dort, wo Madonna ihren Urlaub und Clint Eastwood seine Rentnertage verbringt. Ein wenig wundere ich mich über die wenigen Strandbesucher, denn die Uruguayanos verbringen sonst jede freie Minute am Meer.
Heute Morgen will ich schließlich die Stadt erkunden. Doch die Costañera, die schon fast pittoresk zwischen weiß schimmernden Hochhäusern, grünen Parkanlagen und dem feinsandigen Strand entlangführt, ist über viele Kilometer gesperrt. Fleißige Hände zerlegen provisorische Tribünen, knatternde Baumaschinen räumen blau getünchte Leitplanken fort. Ging hier am Wochenende etwa ein Wettrennen über die Bühne? Ein Radrennen? Oder ein Marathon? Schaut ganz danach aus. Die Uruguayanos sind ja große Freunde solcher Outdoor-Sportarten.
Auf dem menschenleeren Parkplatz, den ich mir als 'Arbeitsplatz' für den Tag ausgesucht habe, flattert noch eine Hand voll bunter Fahnen in der steifen Brise: ABB, FIA, MICHELIN, ALLIANZ. Allesamt Sponsoren einer neuen Rennserie. Und damit wird schnell klar, welch einmaligen Event ich da verpasst habe: das jährliche Rennen der Formel-E-Boliden! Ganz ähnlich der Formel 1, nur weit besser. Leiser. Umweltfreundlicher. Billiger. Und innovativer! Montecarlo für Elektrokarren.
Das wirklich ärgerliche an der Sache ist: letztes Jahr hatte ich den Terminkalender der Rennen [5] studiert und mir noch einen Knoten ins Ohr gemacht, ja bei einem der Termine in Südamerika - es gibt nur zwei oder drei - dabei zu sein. Und nun stehe ich - auf den Tag genau - unmittelbar daneben, völlig ahnungslos, welches Spektakel keine fünf Kilometer entfernt über die Bühne geht! Knapp daneben ist eben auch daneben! Sicher hätte ich euch ein paar interessante Bilder von den kleinen, schnellen und fast lautlosen Boliden schießen können, die mit bis zu 225 Sachen durch die Häuserschluchten von Punta del Este jagten. Dumm, dumm, dumm gelaufen!
Der Ohr-Knoten sollte schleunigst etwas Zuverlässigerem weichen!
Welches Glück die Formel-E-Veranstalter wettertechnisch hatten, zeigt sich am folgenden Wochenende. Schon am Freitag fällt das Barometer auf selten gesehene Tiefstwerte. Ein paar Stunden später rücken schwarze Cumuli an, Blitze zucken und die Wolkenmassen öffnen ihre Schleusen. Eineinhalb Tage lang schüttet es wie aus Kübeln. Aus Bottichen möchte man fast sagen, denn solche Regenmengen habe ich selbst in der Regenzeit der Tropen noch nicht gesehen. Es will einfach kein Ende nehmen. Das Unwetter scheint sich über uns im Kreis zu drehen, immer wieder zucken neue, grelle Blitze und die Regenmassen scheinen kein Ende zu nehmen.
Auf dem (befestigten) Strandparkplatz steht mir das Wasser bis über die Knöchel, als ich zum Fahrerhaus wate, um die Lady Grey ins Trockene zu bugsieren. Eine ziemlich gute Idee, wie sich am nächsten Morgen herausstellt, denn just das Stück des Parkplatzes, auf dem ich gestanden hatte, fehlt: vom Regen unterspült! Wieder einmal habe ich unbändiges Glück! Andere haben nicht so viel Glück: weite Landstriche im Osten Uruguays stehen unter Wasser und mehrere Brücken gehen ebenfalls den Bach runter. Der Schaden geht in die Millionen.
Erst Sonntagmittag hört das Prasseln endlich auf - ebenso schnell wie es angefangen hatte. Wäre das Rennen der Elektroboliden an diesem Wochenende ausgetragen worden, wäre es vermutlich zu einem Rennen für U-Boote mutiert .
Noch immer kann ich mein Glück mit dem Parkplatz kaum fassen. Darf ich das als gutes Omen nehmen für das was ab Montag auf dem Fahrplan steht? Die Verschiffung nach Europa? In der Innenstadt von Montevideo kurz beim Agenten der Reederei vorbeischauen (geht zügig), danach die To-Do-Liste abarbeiten, die von 'Abwassertank leeren' bis 'Wäsche waschen' reicht (alles hübsch geordnet, allerdings nicht alphabetisch).
Darüber fliegen die Tage nur so ins Land. Doch inzwischen wissen wir ja: Zeit ist relativ! Gibt es etwas zu tun, rast sie dahin, ist dagegen virtuelles Däumchendrehen angesagt, kriecht sie im Schneckentempo!
Allerdings sind wir inzwischen lange genug in Südamerika, um 'Viel-zu-tun-haben' nicht in Stress ausarten zu lassen! Jedenfalls hoffe ich, einiges von dieser Einstellung mit nach Europa retten zu können und dort nicht in Hektik (oder ähnliche, wenig gesundheitsförderliche Gemütszustände) zu verfallen.
Mit dieser Überzeugung werde ich nachher noch die letzte Mahlzeit in Südamerika genießen, morgen den Freunden "Adieu" sagen, ohne Eile durch die Rushhour zum Hafen von Montevideo rollen, die Lady Grey im Bauch der Grande Amburgo parken und meine Kabine beziehen. Danach allerdings ist Kontrastprogramm angesagt: vier Wochen 'schwimmendes Kloster', wie es eine gute Freundin auf den Punkt bringt: die Kabine und Du - und ein gutes Buch. Kein WiFi, kein Email, kein Internet.
Drückt mir die Daumen, dass ich euch in vier Wochen noch über die Zeit im Kloster berichten kann.
Die bekannte Statistik und ein paar persönliche Anmerkungen zum Süden Südamerikas gibt's natürlich wieder rechts ...