El Puerto de Santa Maria (Spanien) (GPS: 36°35,333'N; 006°14,453'W)
"Cádiz ist eine schöne Stadt. Hat viel Sehenswertes zu bieten und das Wetter ist auch im Herbst durchaus erträglich [1]." So hatte ich vor fünf Jahren die vermutlich älteste Stadt Westeuropas beschrieben. Auch ihre 'moderne' Schwester - auf der anderen Seite der Bucht - existiert schon seit den Tagen von Christobal Colón: von hier startete er 1492 mit der Santa Maria zum zweiten Anlauf seines legendären Segeltörns nach Indien. Auf dem er - wie bekannt - versehentlich die 'Neue Welt' entdeckte.
El Puerto de Santa Maria, respektive Cádiz ist auch für mich das Sprungbrett zu einer anderen Welt, wenn schon nicht zu einer neuen! Für nächste Woche ist die Fähre nach Afrika gebucht, zum zweiten Mal will ich mein mobiles Winterquartier in Marokko aufschlagen. Vorher aber heißt es, die letzten sieben Monate in Europa Revue passieren zu lassen. Auch wenn ich dabei nicht mit neuen, auch nur ansatzweise abenteuerlichen Erlebnissen wie drüben in der 'Neuen Welt' aufwarten kann!
Also: Blick zurück im Zeitraffer ... los geht's im April 2018 ...
Kulturschock: Rückkehr nach Europa [Belgium] Kulturschock: Rückkehr nach Europa
Vier volle Wochen habe ich Zeit, mich vorzubereiten. Vier Wochen, in denen der Ro-Ro-Frachter Grande Amburgo die Lady Grey und ihren Fahrer in gemütlichem Tempo von Südamerika (Montevideo) nach Europa (Antwerpen) bringt. Zumindest Jetlag und der abrupte Touchdown in einer fernen, fremden Kultur bleiben mir erspart. Auf dem Schiff herrscht so etwas wie 'Stimmung Europa light': pünktliches Essen, knurrige Offiziere, Papierkrieg vom Feinsten.
Papierkrieg allerdings bleibt uns in Antwerpen gänzlich erspart: Kurz mit dem Minibus zur Schengen-Immigration, Pass abstempeln lassen (ja, auch Passagiere mit europäischem Pass müssen da durch), zurück zum Schiff und die Lady Grey von Deck fahren. Noch einmal winken und am Schlagbaum den Namen des Schiffs angeben: schon rollen wir auf dem Autobahnring rund um die sehenswerte Altstadt. Von Fahrzeuginspektion, Drogenfahndung und der gefürchteten Zollerklärung weit und breit keine Spur! Ein zentnerschwerer Fels fällt mir vom Herzen. Ist Europa doch nicht so schlimm wie befürchtet?
Höchst erfreulich geht's gleich drauf weiter: die Mechaniker von Outbound in den Niederlanden machen dem ersten Mai, dem 'Tag der Arbeit' alle Ehre und setzen mein neues Dachfenster zwei Tage vor dem vereinbarten Termin ein. Klasse Arbeit und Klasse Service!
Danach aber schlägt 'Europa' mit aller Macht zu - besser gesagt Deutschland. Auf der Autobahn von Koblenz nach München legt es mir drei stattliche Staus in den Weg. Über weite Strecken geht gar Nichts mehr. Auf der LKW-Fahrspur ist es besonders krass, aus sechs Stunden Fahrzeit werden weit über zehn.
Nun weiß ich: ich bin wieder 'zu Hause'!
Die ersten Tage im bekannten Dunstkreis um München vergehen mit Hallo-Sagen bei alten Gefährten und neuen Freunden - sowie mit den ersten Werkstattterminen, um die Lady Grey wieder auf Vordermann zu bringen: Gas- und Fahrzeug-TÜV sind ja seit Jahren überfällig, gehen aber problemlos über die Bühne - nachdem die notwendigen Updates und Reparaturen [2] erledigt sind.
Die Renovierung des Innenraums und ein paar Optimierungen an der Lady Grey versüßen mir dann die ersten Tage, an denen ich etwas zur Ruhe kommen könnte. Dem gefürchteten Rückkehr-Blues lassen wir keine Chance! Dann ist es auch schon wieder höchste Zeit, um aufzubrechen!
Nach der Reise ist schließlich vor der Reise!
Der Weg führt diesmal nach Norden zum wohl wichtigsten Termin für unsereins. Das "Schnell mal irgendwohin fahren" liegt allerdings seit langem 'ad acta' - jetzt heißt es "Lass uns doch mal gemütlich dahin und dorthin fahren!" Tranquillo heißt das Zauberwort, dem ich nun auch in Europa frönen kann. Schließlich bin ich nach wie vor auf Reisen - und nicht auf der Flucht!
So geht es ganz gemütlich nach Norden. Interessante Orte, um Pause einzulegen gibt's genug: sei es die gemütliche Altstadt von Donauwörth, die erstaunlich gut erhaltene Harburg oder die historische Stadtmauer von Rothenburg ob der Tauber. An der (früheren?) Grenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg reihen sich sehenswerte Festungsanlagen wie die berühmten Perlen auf der Schnur.
Einfach Spitze: die 'Abenteuer Allrad' [BAY] Einfach Spitze: die 'Abenteuer Allrad'
Ganz wie in den letzten Jahren: am langen Wochenende rund um Fronleichnam platzt das beschauliche Bad Kissingen aus allen Nähten. Ein Wochenende lang klettert das Durchschnittsalter der Besucher um geschätzte zwanzig Jahre - wenn nicht mehr. Aus ganz Europa reisen die Besucher an, aus Island und Brandenburg ebenso wie aus Spanien und Katovice. Selbstredend mit dem eigenen Reisemobil. Sehen und gesehen werden. Ideen sammeln und Tipps weitergeben. Klönen und Reisefreundschaften auffrischen. All das steht auf dem Stundenplan der inzwischen weltgrößten Messe zum Thema.
Die Rede ist von der 'Abenteuer Allrad'. Inzwischen zum 25. Mal am Start hat sie sich zu dem Event schlechthin gemausert - der Termin gehört bei praktisch allen 4WD-Fans, Reisenden oder Outdoor-Enthusiasten - egal, ob Anfänger, Fortgeschrittener oder Profi - zum Pflichtprogramm im Frühsommer.
Die Atmosphäre ist einfach genial. Während man sich oben auf dem eigentlichen Messegelände über die neuesten Trends zum Thema Allradtechnik, Reisemobile und Allem was dazu gehört schlau machen kann, pflegt man unten in den 'Camp Areas', auf den Wiesen rund ums Klärwerk das Gespräch unter 'alten Hasen'. Nicht wenige behaupten, die Informationen von 'unten' seien um Welten wertvoller als die von den Messeständen.
In manchen Jahren verkommt die Campwiese zur regelrechten Schlammpackung. Da können dann alle 4x4-Enthusiasten das Können ihrer Fahrzeuge - und Fahrer - unter Beweis stellen. Dieses Jahr allerdings hat Petrus ein Einsehen und trocknet die letzten Schlammkuhlen noch bevor am Mittwoch das Gros der Fahrzeuge eintrifft. Ab da lacht die Sonne dann vier Tage lang von einem (fast) wolkenlosen Himmel. Dreißig Grad im Schatten sind schon fast zu viel für einen entspannten Messebummel. Aber die Würstchen-, Pizza- und Getränkebuden wollen ja auch leben!
Abends sitzt man in trauter Runde beisammen und Dutzende von Lagerfeuern flackern in der lauen Nacht. Da gibt man die besten Stories der letzten Reisen zum Besten, lauscht dem platzeigenen Konzert (zwei 4WD-Fan-Gruppen hatten tatsächlich Live-Bands engagiert) oder schmiedet schon mal Pläne für die nächste Tour. Die Stimmung ist jedenfalls etwas ganz Besonderes: weltoffene, tolerante Menschen, die etwas zu erzählen haben treffen auf ihresgleichen!
Am Sonntag zerstreut sich die Menge wieder, ein Lindwurm exotischer Fahrzeuge wälzt sich aus der Stadt hinaus. Jeder rollt nach Hause, den Kopf voller genialer Ideen, die er bis zum nächsten Treffen realisieren will. Bad Kissingen atmet auf. Es gibt wieder freie Parkplätze!
Werkeln in der KIM [BAY] Werkeln in der KIM
Die Meile trägt ihren Namen nicht zu Unrecht. KIM: Kraillinger Innovations Meile. Innovation ist nicht nur in den Hallen des lukrativen Gewerbegebiets gefragt. Auch an Bord der Lady Grey gibt es so einiges, was erneuert werden sollte. Unterwegs hatte ich zwar schon darauf geschaut, dass alles in passablem Zustand bleibt, aber für so manche 'Innovation' fehlten in Südamerika - und anderswo - schlicht die nötigen Kleinteile. So ist die 'To-Do-Liste' am Ende doch ganz schön umfangreich!
Weit über vier Wochen stehe ich auf einem mehr als idyllischen Platz direkt am Naturschutzgebiet und versuche, die wichtigsten Dinge abzuarbeiten. Vier Wochen? Hätte man sicher auch schneller erledigen können, muss man aber nicht! "Tranquilo, tranquilo!" Erst gegen Ende bemerke ich, wie sich - trotz aller Bemühungen - wieder so etwas wie 'Alltagstrott' einschleicht. Höchste Zeit also, wieder das Weite zu suchen!
Inzwischen liefert die neue Solaranlage aber wieder ausreichend Strom (die Vorgeschichte dazu findet ihr hier ), die Küche erstrahlt in altem neuen Glanz, das Boot schwimmt wieder, die Wasserfilter bereiten wieder auf und Schalter und Leuchten funktionieren wieder wie gewohnt. Lady Grey, Inhalt und Fahrer sind fit für die nächste Etappe!
Doch: wohin soll die nächste Etappe führen? Nach den nicht eben preiswerten Reparaturen an der Lady Grey gleich nach der Rückkehr heißt das aktuelle Motto ja: "Gürtel enger schnallen!"
Regenbogen über München [BY] Regenbogen über München
Aller guten Dinge sind drei. Schon zum dritten Mal findet Ihr hier einen Beitrag über den CSD, den Christopher Street Day. Nicht, dass sich jetzt falsche Vorstellungen einschleichen: in Berlin und Reykjavik war ich nur durch puren Zufall ins rot-orange-gelb-grün-blau-violette Gewimmel geraten, in München aber suche ich es gezielt: Teilnehmer wie Publikum sind aufgeschlossene, interessante und wenig 'linsenscheue' Menschen - die richtige Umgebung für ein paar nicht alltägliche Schnappschüsse. Es verspricht, ein buntes und vielschichtiges Treiben zu werden - das Motto jedenfalls passt: "Bunt ist das neue Weiß-Blau!"
Als ich aber im Netz die Videos vom Samstags-Umzug anschaue, bin ich arg enttäuscht: eine Menge Zuschauer, eine Menge politischer Reden, eine Menge apathischer Teilnehmer. Nichts, wofür es lohnt, die Kamera zu zücken! Trotzdem wird es ein interessanter Tag, als ich mich zum Sonntags-Teil der Veranstaltung aufmache: dem Feiern auf dem Marienplatz. Das Wetter ist prima, die Sonne scheint (noch) vom weiß-blauen Himmel: beste Voraussetzungen, ein paar Schnappschüsse zu ergattern.
Doch: entweder sind die Menschen von dem gestrigen Umzug noch groggy oder ihnen liegt das Thema doch nicht so im Blut. Jedenfalls mag auch am späteren Nachmittag keine rechte Stimmung aufkommen! Ob's an der Musik liegt, die nicht wirklich in die Beine geht? Oder an den Moderatorinnen, die aus ihrer Heimat - Berlin - kein Hehl machen (und das in Bayern!)? Jedenfalls scheinen Bandmitglieder, Techniker und Security-Leute deutlich in der Überzahl zu sein. Die Zuschauer eher lethargisch. An dem Dutzend Fress- und Saufbuden muss man nicht mal Schlange stehen! Für München ein eher untypisches Bild!
Trotzdem wird der Tag ein wahrlich interessanter! Wie schon angedeutet: der CSD in München ist stark politisch gefärbt. So ist das Umfeld des Marienplatz nicht nur von Infoständen der Aidshilfe oder von Schwulen- und Lesbenvereinigungen gesäumt, sondern eben auch von politischen Gruppen. Praktisch alle Parteien sind vertreten.
Außer CSU und AfD - ist ja klar!
Dafür aber zwei Gruppierungen, die auf den ersten Blick gar nichts mit dem heutigen Thema zu tun haben. Die aber das anwesende - vermutlich aufgeschlossenere - Publikum auf sich aufmerksam machen möchten. Gerade diese beiden Stände sind es, die mir den ganzen Tag retten: zum einen die Galerie der Kirchenkritik von Wolfgang Sellinger, zum anderen die Partei der Humanisten (PdH) . Zum allerersten Mal habe ich das Gefühl, eine politische Partei könnte meine persönlichen Erwartungen an Staat und Gesellschaft zumindest ansatzweise repräsentieren.
Zu beiden Ständen könnte ich noch viel Interessantes erzählen. Doch diese Seite handelt ja vom Reisen, nicht von Politik - zumindest nicht vorrangig!
header [CNTRY] Jahrhundertereignis: Mondfinsternis
Abergläubisch sind wir ja in diesen modernen Zeiten nicht mehr! Was hätten frühere Generationen in einen solchen Anblick alles hineininterpretiert: nicht nur, dass der Mond eines Abends nur noch als schwach leuchtende, kaum erkennbare Scheibe aufgeht. Dazu schimmert sie in wahrhaft teuflischem Rot. Blutrot! Zwei Stunden hängt sie so am abendlichen Himmel. Dann - innerhalb einer Stunde - wandelt sie sich zum leuchtenden Vollmond - nur völlig falsch herum! [3]
All das sind schlimme Omen! Zeichen des Bösen! Vorzeichen für den Weltuntergang! Allerdings hatten schon Wochen vorher die Medien auf das astronomische Spektakel hingewiesen, das da am 27. Juli auf Süddeutschland zukommt. Und wenn die obersten Sonnenpriester so etwas sogar vorhersagen können ... vielleicht dreht sich die Welt ja doch noch weiter?
Die Erklärung des Spektakels, das sich erst in 105 Jahren wiederholen soll, ist ja auch ganz einfach: Sonne, Erde und Mond liegen heute Nacht exakt auf einer Linie - der Mond also im Kernschatten der Erde. Dadurch kann er nur das wenige Sonnenlicht zurückwerfen, das ihn - an der Erdatmosphäre gebrochen - erreicht. Daher die Mondfinsternis. Und da die Erdatmosphäre das rote Licht besser passieren lässt als z.B. blaues, sehen wir eben nur eine blutrote Scheibe. Mithin ein äußerst seltenes Ereignis - aber Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste!
Außer die Frage klären: "Wo können wir es am besten beobachten?" Als geeignete Location mit wenig Lichtverschmutzung, weitem Rundumblick und - hoffentlich - wenig Wolken hatte ich den 'Görauer Anger' in der fränkischen Schweiz auserkoren. Das Wetter spielt halbwegs mit - trotzdem können wir erst gegen 22:15h, kurz vor dem Höhepunkt, einen ungehinderten Blick auf unseren Trabanten genießen. Wir, das sind ein paar wirkliche Sterngucker, teilweise sogar mit ausgewachsenen Teleskopen bewaffnet. Aber auch Dutzende von Pseudoguckern, die im Auto hocken, zwischen den Beobachtungsplätzen hin- und herfahren und mit ihren Scheinwerfern jede - halbwegs ernsthafte - Beobachtung stören!
Der blutige Vollmond ist heute nicht das einzige Himmelsereignis: auch unser Nachbarplanet, der Mars steht seit Tagen als gut sichtbarer Punkt an Himmel. Obendrein zieht die ISS übers Firmament - und Alexander Gerst, 'unser' Astronaut dort oben kann einen noch viel spektakuläreren Blick auf den Blutmond erhaschen! Wie gerne würde ich mit ihm tauschen!
Dass die Plejaden im Moment ebenfalls gut sichtbar sind und uns täglich ein Dutzend Sternschnuppen zur Wunscherfüllung schicken, geht bei dem ganzen Mondspektakel fast unter. Aber was soll ich sagen: mein einziger Wunsch geht tatsächlich in Erfüllung: die Erde dreht sich weiter!
Auf der Suche nach ... Schatten [DE] Auf der Suche nach ... Schatten
Ein wenig beneide ich den Mond: kann er sich doch mindestens einmal im Monat in den Schatten der Erde flüchten! Vor der Hitze entfliehen. Wir auf der Erde - genauer in Mitteleuropa - haben dieses Jahr nicht so viel Glück! Auf uns brennt die Sonne herab. Gnadenlos. Unbarmherzig. Seit Wochen. Ein Temperaturrekord jagt den nächsten: 35 Grad, 38 Grad, ja 40 Grad. Celsius, nicht Fahrenheit! Definitiv geht der Sommer 2018 in die Annalen der Wettergeschichte ein. Als einer der heißesten des Jahrhunderts. Als einer der niederschlagsärmsten, obendrein! Denn Regen kennt man allenfalls von Hörensagen! Hie und da entladen sich zwar einzelne, unwetterartige Gewitter: aber nur lokal begrenzt, kurz und heftig. Wetterexperten sprechen davon, dass nur fünf Prozent der Fläche Bayerns überhaupt nass werden! [4]
Eines ist in diesem Sommer so gefragt wie selten: Schatten!
Wer es sich leisten kann, setzt sich ins klimatisierte Office, unter die schattige Kastanie - eine Maß Bier in der Hand - oder hängt seine Beine in den kühlen See. Persönlich bin ich über den Jahrhundertsommer nicht böse: bin ich doch extreme Temperaturen und Wüste gewohnt! Doch die nicht zu übersehenden Anzeichen des Klimawandels lassen auch mich nachdenklich werden! Sind das eigentlich noch Anzeichen - oder ist das schon der Klimawandel selbst?
Was tun wir dagegen? Was tut die Weltpolitik dagegen? Auffällig selten höre ich in letzter Zeit Ausdrücke wie 'Klimaschutz', 'Emissionsminderung' oder 'Umweltschutz'! Manchmal habe ich das Gefühl, die große Politik hat den Kampf gegen den Klimawandel völlig aufgegeben. Nach dem Motto: "Da können wir sowieso nichts mehr richten!" ...
Mit diesen Gedanken flüchte ich mich in die Möglichkeiten drei und vier, um Abkühlung zu finden: Wald und Gebirge! Beides zusammen - also prächtige Voraussetzungen, um der Hitze zu entkommen - findet man u.a. an der deutsch/tschechischen Grenze: im Erzgebirge und der sächsischen Schweiz. Das ist von Bayern aus ohne große, schweißtreibende oder CO2-produzierende Fahrerei erreichbar ... und glänzt oberdrein mit einem bemerkenswerten Lokalkolorit: Weltruf genießen die Handwerksarbeiten aus dem Erzgebirge bei Schwibbogen- und Pyramidenliebhabern. Die sächsische Schweiz hingegen entzückt freeclimber und Klettersteigfans!
Im Erzgebirge - bekannt auch als Kühlkammer der früheren DDR - liegt bis zu sechs Monate lang Schnee. Obwohl die Höhenlagen eher bescheiden bleiben: der Fichtelberg erhebt sich ganze 1215m übers Meer. Oberwiesenthal zu seinen Füßen badet bis heute in seinem Ruhm: bis in die 1980-er war es die bekannteste Kaderschmiede für Skifahrer der Deutschen Demokratischen Republik.
Die Silber-, Wolfram- und Kobalterze, die dem Gebirge ja seinen Namen gegeben hatten, gingen schon viel früher zur Neige: ab dem frühen 19. Jahrhundert wurden die Gruben geschlossen und die Menschen widmeten sich wieder verstärkt dem Handwerk. Kreierten sogenannte Erzgebirgische Volkskunst: Schwibbögen, Nussknacker und Pyramiden - weltweit gesuchte Geschenke, nicht nur zur Weihnachtszeit. Lange Winterabende und weit verstreute Weiler boten und bieten beste Voraussetzungen dafür: geschickte Hände gestalten sie in oft mühseliger Heimarbeit.
Daneben durchzieht ein dichtes Netz von Loipen und Wanderwegen die gesamte Region. Wochen oder gar Monate kann der geschätzte Gast hier verbringen - je nach Jahreszeit auf zwei Beinen oder zwei Brettl'n - ohne einen Weg zweimal zu gehen. Der früher so gefürchtete Eiserne Vorhang an der Grenze zum geliebten Bruderland Tschechien hat seinen Schrecken verloren und viele der Wanderwege und Loipen kreuzen heute die Grenze, ohne dass man den Pass vorzeigen muss.
Dort, wo die Labe - aus Tschechien kommend - das Gebirge durchschneidet und als Elbe weiter zur Nordsee fließt, erstreckt sich eine geologisch interessante Region: die sächsische Schweiz, ein Eldorado für Kletterer jeder Couleur. Auch einfache Wanderer fühlen sich hier wohl, die schattige Wege suchen, dabei auf Adrenalin aber nicht völlig verzichten wollen.
Das Städtchen Königstein ist das Einfallstor zu dieser attraktiven Region. Seine Burg erhebt sich stattliche 250 Meter oberhalb der Elbe und thront auf einem Sandsteinklotz, wie er für diese Gegend so typisch ist: senkrechte Felswände bieten prima Schutz vor Überfällen, das ebene Gipfelplateau beste Voraussetzungen für eine Behausung. Schon um 900 u.Z. zogen sich die ersten Menschen hierher zurück, um 1200 u.Z. entstanden die ersten Burgen. Die heutige Burg Königstein - Stammsitz der sächsischen Könige - wurde allerdings erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts fertiggestellt.
Eine fünfzig Meter hohe, freistehende Felsnadel ist das imposante Wahrzeichen der sächsischen Schweiz und auf jeder zweiten Postkarte abgelichtet: die Barbarine. Wegen schwerer Witterungsschäden darf sie heute allerdings nicht mehr bestiegen werden. Kein Grund zum Jammern, denn im Umland laden mehrere Dutzend ähnlich imposanter Felsen zur (erlaubten) Besteigung ein.
Dabei glänzen manche dieser Sandsteinformationen mit ganz ulkigen Namen: »Höllenhundwächter«, »Bierturm«, »Zitronenkopf«, »Narrenkappe«, »Räuberhöhlenturm«, »Klabautermann« ... und wie sie alle heißen. Die Hälfte der Namen kann ich dabei gar nicht entziffern, denn die sind auf Tschechisch vermerkt ... "drüben" - hinter der grünen Grenze - setzt sich die sandsteinerne Pracht noch viele Kilometer fort.
Grün ist die Grenze im wahrsten Sinn des Wortes: verläuft sie doch mitten durch den weitgehend unberührten Wald - eines der größten grenzübergreifenden Naturschutzgebiete Europas! Wahrlich ein Leckerbissen - auch für hitzegeplagte Wanderer, die im gemischten Laub- und Nadelwald köstlich kühlen Schatten finden.
"Eine ungewöhnliche Kältewelle überquert am Wochenende Deutschland!" vermeldet die Wetterfee schmunzelnd. Tatsächlich fällt das Quecksilber um fast zehn Grad ... am Samstag nur noch erfrischende 25 Grad. Bevor es sich am Sonntag zu neuen Höchstwerten aufschwingt. Grund genug, die Location zu wechseln und noch einen - kurzen - Blick in die Großstadt zu werfen: Dresden.
Trotz unzähliger Hitze- und Nicht-Regen-Rekorde macht der Sommer 2018 schön langsam dem bunten Herbst Platz. Wie viele unserer gefiederten Freunde überlegen auch einige Zweibeiner, wie - und wo - sie den drohenden Winter verbringen wollen. Ganz vorn dabei natürlich der Schreiberling dieser Zeilen!
So findet er sich - entgegen aller Planungen - schon Ende September auf dem Weg in den Süden wieder. Doch wie sagte Herr Goethe schon so treffend: "Der Weg ist das Ziel!". Getreu diesem Motto geht's also ganz tranquillo Richtung Südwesten, Richtung Afrika. Aber auch Europa hat noch Einiges zu bieten - ein paar wirkliche Leckerlies liegen am Wegesrand!
Noch immer auf der Suche: diesmal nach Sonne [FRA] Noch immer auf der Suche: diesmal nach Sonne
Im lieblichen Tal von Montjoie am Westhang des Mont Blanc spielt das Quecksilber verrückt! Als vor vier Tagen die erste große Kaltfront diesen Herbstes über uns hinwegrollt und mit einem Schlag die bunten Blätter von den Bäumen fegt, muss ich schon den dicken Pulli überziehen - und Scheiben kratzen. Viel hat das Quecksilber seither auch nicht zugelegt: zehn Grad im Schatten der hohen Berge sind das Höchste der Gefühle - dreißig Grad dagegen in den sonnigen Höhen! Trotz Zwiebelschalen- und Funktionskleidung will sich keine rechte Balance einstellen: wahlweise sind Schwitzen oder Frieren angesagt!
Der wunderbaren Landschaft, den netten, teils doch etwas anspruchsvolleren Wanderwegen und der grandiosen, alpinen Kulisse tun die Temperaturen allerdings keinen Abbruch.
Auf der Flucht vor dem Regen: Galizische Küste [ESP] Flucht vor dem Regen: Galizische Küste
Meinen Vorsatz, nach diesem ausgesprochen trockenen Sommer auch noch trockenen Reifens bis nach Afrika zu kommen, kann ich nicht umsetzen. Nicht ganz. Trotzdem versuche ich, den herbstlichen Stürmen und den Tiefdruckgebieten rund um die Biskaya immer einen Schritt voraus zu sein. Was meistens klappt, aber nicht immer. So kann ich bei zwar herbstlich kühlem, aber noch immer sonnigen Wetter durch den Norden Spaniens rollen, von dem ich auf der letzten Tour - exakt zur gleichen Zeit - so gut wie Nichts gesehen hatte. Damals gab's hier nichts als Regen - Regen in allen erdenklichen Formen. Schon interessant, wie sehr die Eindrücke, die man von einem Land gewinnt, doch vom Wetter geprägt sind!
Wenn es doch 'mal etwas Nass von oben gibt, dann sitze ich die Zeit eben in der trockenen Lady Grey aus! Wenn möglich, auf einem der netten und ruhigen Nachtplätze, die es hier oben zu Hauf gibt.
Ganz zum Schluss, an der wettertechnisch berühmt-berüchtigten Nordwestecke Spaniens, am Cabo Fisterra holt mich das Schlammassel doch noch ein! Wäre ja auch zu schön gewesen! Darf man den spanischen Fernsehberichten Glauben schenken, ist es der schlimmste Kälteeinbruch seit Jahrzehnten! In Höhenlagen über 500 Meter werden Schneemassen gemessen, die Galizien noch nie gesehen hat. Das Ganze in einer einzigen Nacht! Dörfer sind von der Umwelt abgeschnitten, Bäche werden zu reißenden Strömen, allenthalben gehen Muren und Erdrutsche nieder! Ganz so schlimm wie den Mittelmeerraum und Mallorca trifft es Galizien nicht, aber die Bilder im Schnee stapfender Wallfahrer schaffen es doch ins deutsche Fernsehen!
Auf der letzten Tour - taggenau vor fünf Jahren - hatte Petrus erst in Lissabon ein Einsehen mit dem armen Reisenden. So macht sich im Hinterkopf auch heute eine gewisse Hoffnung breit, dass es weiter im Süden besser sein könnte. Und was soll ich sagen: kaum rolle ich auf der Bilderbuchbrücke über den Rio Tejo, kämpft sich die Sonne zwischen den Wolken hervor und es hört auf zu regnen! Genau wie vor fünf Jahren! Kann das Zufall sein?
Das Wetter ist noch immer wechselhaft, aber die Wolken geben den Sonnenstrahlen wenigstens eine Chance! Vier Jahreszeiten an einem Tag - oder aber: Aprilwetter! Oktoberwetter! Ganz der Jahreszeit angemessen! Die Laune verbessert sich schlagartig ... und klettert auf kaum geahnte Höchstwerte, als ich meinen alten und sehr geliebten Nachtplatz bei Melides wiederfinde. Noch ebenso schön, noch (fast) ebenso unberührt wie damals! Sogar eine gute Spur sauberer! Höchste Eisenbahn, wieder 'mal die Seele baumeln zu lassen! [5]
Zugvögel [PRT] Zugvögel
Dann, wenn im Norden die letzten Felder abgeerntet, wenn die letzten Küken flügge geworden sind, wenn die Herbststürme die bunten Blätter von den Bäumen wehen, wenn das Futter knapp wird und die Temperaturen fallen, dann sammeln sich viele unserer gefiederten Freunde, um in den Süden zu ziehen. Störche, Schwalben, Mauersegler.
Dann, wenn die letzten Sommerurlauber die Campingplätze geräumt haben, wenn die Kinder wieder zur Schule gehen, wenn die Herbststürme den Regen übers Land peitschen, wenn die Wetterfee die ersten Schneeschauer vermeldet, dann sammeln sich auch viele Zweibeiner, um den Vögeln in den Süden zu folgen. Wohnmobilisten, Reisende, Wintermüde.
Die unberührte Natur an der Algarve, im Alentejo, an der Costa de la Luz und der Costa del Sol empfängt die gefiederten Wanderer mit offenen Armen - mit reichen Futterplätzen und viel Platz zum Nisten. Städte und Gemeinden versuchen, es ihr gleichzutun und bauen Supermärkte, Wohnanlagen und Campingplätze für die ungefiederten Besucher. Ein lukratives Geschäft, denn jedes Jahr zieht es mehr menschliche Zugvögel in den Süden. Die echten Vögel allerdings - sagen Naturschützer - bleiben inzwischen aus. Kein Wunder, recken sich doch mondäne Resorts für Wintermüde mitten zwischen den Dünen, zerschneiden hektargroße Campsites den immergrünen Pinienwald, werden die entlegensten Regionen von Pisten durchkreuzt, um Gäste und Camper und Surfer an die schönsten Strände und in - bislang - menschenleere Buchten zu bringen! [6]
Ein Kuriosum ganz besonderer Art bilden die neuen Nistplätze der Zweibeiner: kahle Plätze zwischen Strand und Wohnanlage, planiert und gepflastert, mit Ausguss für PortaPotti und Abwasser, die besseren gar mit Steckdosen und Frischwasseranschluss. Da stehen dann die Mobile der Zugvögel, dicht an dicht, hübsch aufgereiht und mit der Schnauze in der gleichen Richtung. An den meisten dieser Stellplätze stehen inzwischen Abfalltonnen - hübsch farbig markiert fürs Recycling - sodass die Plätze für hiesige Verhältnisse ausgesprochen sauber sind.
Ich selbst bin ja quasi nur auf dem Vorbeiflug. Das Gros der zweibeinigen Gesellen aber verbringt hier den ganzen Winter! Drei bis vier Monate an einem Platz! Für mich wäre so etwas absolut undenkbar! Mein sicherer Tod! Bin ich doch ein wahrer 'Zugvogel', den schon nach einer Woche wieder die Unruhe und das Fernweh packt! Vielleicht liegt's aber auch nur daran, dass die Lady Grey nicht mit einer metergroßen Satellitenschüssel gesegnet ist, um mir das - mit Verlaub gesagt: bescheidene - deutschsprachige Fernsehprogramm ins rollende Wohnzimmer zu holen! Nein, ich möchte die Wunder dieser Welt nicht aus zweiter oder dritter Hand und im 16:9 Format sehen! Ich will sie live und 1:1 erleben!
Mittlerweile füllen sich nicht nur die 'etablierten' Stellplätze mit rollenden Wohnzimmern. Auch die Plätze, die bislang nur hinter vorgehaltener Hand weiterempfohlen wurden, füllen sich. Youtube, Ioverlander, Park4Night und Co. sei Dank. Portale, auf denen jeder Traveller meint, seine allerschönsten Nachtplätze mitsamt metergenauen GPS-Daten zum Besten geben zu müssen, schießen wie Pilze aus dem Boden. Da dürfen sich die Damen und Herren Traveller allerdings nicht wundern, wenn im nächsten Jahr von ihrem heiß geliebten Super-Trooper-Nachtplatz nichts mehr übrig ist! Verdreckt, Überlaufen oder mit einer dicken Verbotstafel verziert! Sorry, aber auch das muss einmal gesagt werden!
So, nun haben wir sieben Monate Europa im Schnelldurchlauf hinter uns. Sicher nicht ganz repräsentativ und sicher nicht das, was ein auswärtiger Reisender in Europa unternehmen würde! Falls ihr also nach einschlägigen Tipps und dem ganz speziellen Reiseziel gesucht habt: Sorry!
Jedenfalls ist es mittlerweile allerhöchste Eisenbahn, auch dieser Region Europas den Rücken zu kehren! Genug ist genug! So schön die Landschaft, so einladend die Buchten und Ortschaften auch sein mögen!
Afrika ruft! Hört ihr's auch?