Endlich wieder flügge!
Bayreuth City
(GPS: 49°56,066'N; 011°35,558'E)
"Ich kann das nicht! Nein, es geht nicht! Beim besten Willen!" entschuldige ich mich. Nein, Sesshaftigkeit ist nichts
für mich! Nicht unter diesen Umständen!
Dabei habe ich mich ernsthaft darum bemüht. Ganz ehrlich! Sogar die unabdingbare Sommerrunde des letzten Jahres an Bord der
Lady Grey, die coronabedingt wieder arg klein ausfallen musste, stand unter dem Motto Suche nach einem Bauplatz. Denn das Einzige, wo ich mir 'Sesshaftigkeit' auch nur annähernd vorstellen konnte, war ein Tinyhouse, ein Häuschen nur unwesentlich größer als die Lady Grey! Warum sollte ich mir als Single sechzig, achtzig, hundert Quadratmeter ans Bein binden (und heizen und sauber halten)? Zwanzig, fünfundzwanzig tun es auch! Im Gegenzug sollten die irgendwo im Grünen stehen und möglichst autark sein.
Mit dem deutschen Baurecht sind diese Vorstellungen allerdings nicht - oder nur mit allergrößten Schwierigkeiten und viel Geduld - vereinbar!
Die kleinen Häuschen gibt es inzwischen wie Sand am Meer, Grundstücke oder gar Bauplätze, wo man sie (legal) hinstellen darf, jedoch sind selten wie
ein Sechser im Lotto. Die übrigen Wohnmöglichkeiten scheitern dagegen an der Bezahlbarkeit oder daran, dass sie schlichtweg nicht existieren (wie etwa Zweizimmerwohnungen ohne tausend Nachbarn).
Je mehr ich zum Thema Sesshaftigkeit recherchiere und in mich hineinhorche - immerhin eineinhalb Jahre lang [1] -, desto klarer wird: das ist nichts für mich! Wenn ich schon auf einem idyllischen Stellplatz inmitten der Natur nach zwei Wochen wieder kribbelig werde, wie soll das in der Zweizimmerwohnung mitten in der Stadt funktionieren? Nein, Sesshaftigkeit ist nur etwas für die anderen! Ich werde mein Leben so weiterführen, wie ich's die letzten Jahre gewohnt bin: frei, ungebunden ... und auf Achse!
Bevor ich mich aber wieder auf die Socken zu einer wirklich großen Tour mache - das wird dann vermutlich die allerletzte sein! -, muss ich
das Gelernte verfestigen. Also erneut die Flügel umschnallen und sehen, ob sie nach zwei Jahren Zwangspause nicht eingerostet sind! Corona allerdings ist - weltweit - noch lange nicht ausgestanden, daher heißt es noch immer: kleine Brötchen backen! Für Schottland und Irland sollte es aber reichen! Danach wieder zum Überwintern in den Süden. Und wenn ich dann immer noch Bock auf Unterwegs habe, stehe ich nächstes Jahr wieder auf dem Schiff! Versprochen!
Mrz
28
2022
Bayreuth City
(GPS: 49°56,066'N; 011°35,558'E)
Nachgetragen sei eine kleine Exkursion, die erste seit dem Besuch der 'Isla Pascua'
vor sage und schreibe sieben Jahren! Vergleichbar sind die zwei natürlich nicht, dennoch möchte ich kurz über den Ausflug in die Schweiz (18.03.2022 … 27.03.2022) berichten, denn Interessantes hatte auch diese Tour aufzuweisen - obwohl die Lady Grey weiter im Winterdomizil stand.
Los geht's mit einer langen Bahnfahrt nach Luzern. Unter dem Motto 'Bahnreise' soll auch die ganze Exkursion stehen: einerseits will ich mehr von der wunderschönen Schweiz sehen, andererseits etwas fürs Klima tun, sprich die Lady Grey stehenlassen. Wie andere Urlauber will ich mit den Öffis fahren und in Hotel wohnen. Das erste ist halb so schlimm, das zweite hingegen gewöhnungsbedürftig und kostenintensiv. Gerade in der Schweiz! [2]
Los geht's - wie gesagt - mit einem Tag im Zugabteil der deutschen Bahn - Verspätung inklusive! Zum Glück nehmen es die Schweizer
zugtechnisch nicht so genau und als die Sonne hinter den Bergen versinkt, rolle ich in Luzern ein, wo ich nur fünf Schritte ins Hotel tappeln muss. Dort erwartet mich gleich das erste Highlight: komfortables Zimmer, elegantes Bad und ein superfreundlicher Empfang. Von der ersten Minute an fühle ich mich wohl.
Tags darauf, dem ersten sonnigen und warmen Frühlingstag gönne ich mir gleich das zweite Highlight: eine Rundfahrt auf dem
Vierwaldstätter See (Karte). Unglücklicherweise ist Sonntag und geschätzte zwei Millionen Schweizer haben die gleiche Idee. Kurzum: das Schiff ist rappelvoll, was sich nach der Haltestelle Brunnen (dort geht's hoch zur Rigi) zum Glück ändert. Der Rest ist Genuss pur: Sonnenschein, schroffe Berge und sanfte Almwiesen. Justament dort, wo die Schweiz erfunden wurde: an der Rütli-Wiese, auf der die Schweizer Freiheitskämpfer ihren berühmten Schwur abgelegt haben sollen. Die rote Fahne mit dem weißen Kreuz jedenfalls scheint dort besonders stolz zu wehen!
Was auch an der Brise liegen mag, die in Sturmstärke von den Schneebergen herunterweht und den südlichsten Abschnitt des Sees,
den Urner See in ein brodelndes Gewässer mit meterhohen Wellen verwandelt. Ich fühle mich wie in Patagonien: unten Sturm bis zum Umfallen, oben gleißende Eispanzer auf Drei- und Viertausendern.
Nur einen Tick weniger eindrucksvoll geht's am nächsten Tag weiter: in drei Stunden bringt mich der Zug
nach Interlaken. Draußen, vor den riesigen Panoramafenstern zieht eine eindrückliche, frühlingsgrüne Landschaft vorüber, durch die die Schweizer mit viel Können ihre Schienentrassen gelegt haben. Die schneiden nämlich nicht schnurgerade durch die Landschaft wie anderswo, sondern schlängeln sich malerisch am Berg entlang, zwängen sich durch schmale Tunnels und erklimmen luftige Höhen - teilweise mithilfe von Zahnstrangen in der Gleismitte. Vor so viel Ingenieurskunst kann ich nur den Hut ziehen! Die Geschwindigkeit bleibt dabei allerdings auf der Strecke und der Reisende hat viel Zeit, Landschaft und Ingenieurskunst zu bestaunen.
Die Stadt Interlaken liegt - wie der Name schon sagt - zwischen zwei Seen und ist eine der
Hauptdestinationen aller Schweiz-Reisenden. Schließlich liegen hier die drei berühmtesten Berge direkt vor der Haustüre: Eiger, Mönch und Jungfrau. Eine Fahrt nach Grindelwald und auf die Kleine Scheidegg, um die Bergriesen aus der Nähe zu bestaunen, lässt sich keiner entgehen. Keiner - außer mir: die Faszination der Gletscher und schneebedeckten Berge möchte ich mir für den übernächsten Stopp aufheben! Trotzdem: der Ausblick auf die weißen Schneeriesen ist atemberaubend … logiere ich doch im 13.Stock eines Wolkenkratzers, der die Stadt eindrücklich überragt: nicht wirklich hübsch, aber mit beeindruckender Aussicht!
Die Fahrt mit der Golden Pass Linie unterbreche ich in Zweisimmen
und rolle hinauf in das kleine, noch recht urige Dorf Lenk am Ende eines malerischen Seitentals. In dem kleinen Alpendorf fühle ich mich freier und behaglicher als in den mondänen Tourizentren wie Interlaken oder Montreux. Während sich die Straße anschließend auf sicher fünfzig Kilometern Umweg über den Col des Mosses (1445m) zum Genfer See hinabschlängelt, schlägt die Bahn die Direttissima-Route ein und kriecht durch dunkle Tunnels und entlang einer fast senkrechten Bergflanke in die Tiefe. Manchmal frage ich mich schon, wie man eine solche Strecke überhaupt hat in den Berg hauen können. Aber darin sind die Schweizer Bahnbauer wahre Meister. Mit einem Gefälle von 20% (!) geht es hinab zum Genfer See, nach Montreux. Unten empfängt mich eine Mischung aus Riviera und Nizza, die Sonne lacht vom tiefblauen Himmel und die Strandpromenade mit Palmen und bunten Beeten lädt nachdrücklich zum Bummeln ein!
Inzwischen bin ich den vierten Tag in der Schweiz und habe mich an das Savoir-vivre, aber auch an das Preisniveau gewöhnt: mit 170 Euro
pro Nacht ist das ›Eurotel‹ in Montreux eine eher günstige Möglichkeit, das Riviera-Feeling auszukosten. Wieder ist das allerdings ein Wolkenkratzer inmitten der City und damit orientierungstechnisch nicht zu verfehlen. Führte die Fahrt bis hierher von einem Highlight zum nächsten, schummeln sich nun auch ein paar Lowlights dazwischen. Wie der Unfall bei Martigny, auf Grund dessen ich in einen Bus umsteigen darf, der an jeder Kreuzung Halt machen muss.
Irgendwann ist dann doch Visp erreicht, wo es mit der vielgepriesenen Mattertal-Bahn gleich weitergeht.
Die führt hinauf nach Zermatt, dem wohl berühmtesten Dorf zu Füßen des wohl berühmtesten Bergs der Alpen, dem Matterhorn. Kaum steige ich aus dem Zug, schlage ich die Hände vors Gesicht. Nicht vor Begeisterung, sondern vor Entsetzen: ein Luxusuhrengeschäft reiht sich an das andere, dazwischen Nobelboutiquen voller kostbarer Nerze und edler Kostüme sowie Läderach-Schoko-Läden (100g Schoki kosten hier ca. 10€!). Daneben Vier- und Fünf-Sterne-Restaurants: eben alles, was man in einem abgelegenen Bergdorf so braucht! Das ganze Dorf scheint vor Haute Cuisine, Haute Couture und Haute Aineté aus allen Nähten zu platzen. Mittendrin steht mein Quartier, das ›Traditional Julen‹. Draußen sieht's aus wie Louis Trenkers Berghütte, drinnen ein Wellnesstempel vom Feinsten.
Alles ist schnieke und Luxus pur. Alles, außer meinem Zimmer! Das ähnelt eher einer Schuhschachtel und die Aussicht zum Balkon
des Nachbarhauses ist erdrückend. Dabei ist es durchaus in Alpenhaus-Stil gehalten, im Katalog heißt so etwas 'urig' und 'gemütlich'. Der Blick auf booking.com weist einen Zimmerpreis von knappen 300€ aus! Selbst für Schweizer Verhältnisse echt heavy! Mit etwas Sportsgeist könnte ich allerdings auch die zahllosen Wellnessangebote nutzen, vom Thermalwasser bis zur entspannenden Ganzkörpermassage. Gegen saftigen Aufpreis versteht sich! Wenigstens ist die Bettdecke Bio und das Kopfkissen mit der Wolle heimischer Schafe gefüllt.
Trotz mächtiger Erkältung gönne ich mir die Fahrt zum Gornergrat (77€), die tatsächlich ein Highlight wird.
Nicht nur, weil es mit 20% Steigung durch die glitzernden Schneefelder auf 3089 Meter hinaufgeht, sondern weil es oben fast menschenleer ist und ich den Rundumblick in aller Stille genießen kann: Dufourspitze (4634m), Liskamm (4527m) und Breithorn (4164m) bilden einen soliden Bergstock, von dem sich ein halbes Dutzend Gletscher zu Tal schiebt. Das Matterhorn (4478m) steht dagegen eher einsam daneben und wirkt damit noch imposanter. Eine geschlagene Stunde stehe ich auf der Aussichtsplattform und sauge die atemberaubende Kulisse in mich auf. Dann kommt die nächste Bahn und mit ihr die Menschenmassen. Flugs suche ich mir einen einsamen Wanderweg und tappe schweigend und staunend durch die weiße Schneelandschaft. Einfach herrlich!
Mein Terminplan ist eng gepackt: am nächsten Tag steht endlich die Fahrt mit dem Glacier Express auf
dem Programm: vielgepriesenes Highlight und Namensgeber der gesamten Tour. Dennoch kann ich der Fahrt wenig abgewinnen, auch wenn die Route wirklich spektakulär verläuft und uns über Brig, den Furka-Basistunnel und Andermatt auf den Oberalppass (2040m) hinauf und anschließend durch das Rheintal mit dem Grand Canyon der Schweiz wieder hinunterbringt. Nach einem kurzen Zwischenstopp in Chur geht's aber gleich wieder aufwärts, nach St. Moritz nämlich. Alles in allem ist die Fahrt (ca. acht Stunden) wirklich beeindruckend; der einzige Wermutstropfen sind die zahlreichen Mitreisenden, die natürlich jede Sehenswürdigkeit mit lautstarken Kommentaren bedenken.
Geheimtipp: Mit geringen Abstrichen an Service und Komfort könnt ihr die Strecke auch mit der ganz normalen Bahn
(SBB bzw. Rhätische Bahn) erleben: ihr seht die exakt gleichen Berge, die gleichen Täler, die gleichen Dörfer und Tunnels und sitzt ebenfalls an Panoramafenstern. Dabei gibt's weit weniger Mitreisende und die Kosten betragen einen Bruchteil des teuren Vorzeigezugs!
Nach einer chaotischen Nacht in St. Moritz (Husten, Erkältung, Wasserleck im Bad) mache ich mich auf
zur letzten Bahnetappe, genannt Bernina Express. Nicht ganz so luxuriös wie der Glacier Express, aber mit ähnlich spektakulären Aussichten klettert er hinauf auf den Berninapass (2328m) und windet sich anschließend hinunter nach Poschiavo. Auch hier kann ich nur den Hut vor den technischen Meisterleistungen ziehen - aber auch vor den Anstrengungen, diese Bahnstrecken ganzjährig in Betrieb zu halten: die Schneemengen sind beachtlich!
Zu guter Letzt geht es noch einmal über die Glacier-Express-Route hinunter nach Chur und mit 'ganz normalen' Zügen der SBB über St.Gallen
zurück nach Deutschland. Amüsantes Detail am Rande: in der Schweiz ist jeder einzelne Zug pünktlich auf die Minute, selbst unter den teils extremen Strecken- und Wetterbedingungen. Kaum in Deutschland angekommen, hat der Zug zehn Minuten Verspätung!
Bahnfahren in der Schweiz jedenfalls macht mächtig Spaß und das ›Flexi-Interrail-Ticket‹ kann ich wirklich empfehlen!
Ob die 'Grand Tour mit dem Glacier Express' ihren Preis tatsächlich wert war, kann ich nicht abschließend beantworten. Erholung jedenfalls war nicht angesagt und meine persönlichen Eindrücke wurden überschattet von einer Erkältung, die mir Nacht für Nacht den Schlaf raubte und ein unbeschwertes Genießen kaum zuließ. Trotzdem möchte ich die Tour nicht missen und eine weitere Destination meiner ›Most-Wanted-Liste‹ kann abgehakt werden. Zumindest hatte ich die optimale Reisezeit gewählt: unten schon mächtig Frühling, oben noch tiefster Winter - perfetto!
Wasserkuppe (Germany)
(GPS: 50°30,0430'N; 009°56,9850'E)
Erneut zeigt sich, wie nahe Himmel und Hölle beisammen liegen!
Eine gute Woche ist es her, dass ich zum ersten Mal geflogen bin. Ich meine, wirklich geflogen! Segelgeflogen, oder wie das heißt.
Das war wirklich himmlisch, auch wenn zu Beginn die Knie gehörig geschlottert haben!
Und die Hölle? Die stellt sich ein, als gegen Abend ein halbes Dutzend Wohnmobile einläuft und sich nicht etwa auf die ausdrücklich für sie reservierten Plätze stellt, sondern sich rund um die Lady Grey schart, die wie gewohnt etwas abseits steht. Als Krönung platziert sich kurz vor Mitternacht ein weiteres HYMER-Vehikel direkt vor meinem Wohnzimmerfenster und die Herrschaften richten sich häuslich - und in unüberhörbarer Lautstärke - ein. Mitsamt Markise, Polstermöbeln und mitternächtlichem Umtrunk. Prompt meldet sich mein HB-Männchen und will nur noch in die Luft gehen!
Doch zurück an den Himmel: seit einer Woche ist es warm, um nicht zu sagen, heiß. Die Sonne knallt von früh bis spät,
Wolken sind Fehlanzeige und das Thermometer klettert auf 38 Grad! Celsius, wohlbemerkt. Die heißesten Tage des Jahres! An Wandern oder körperliche Aktivitäten ist dabei nicht zu denken! Stattdessen verziehe ich mich auf einem schattigen Parkplatz an der Rhön-Hochstraße und überarbeite die alte/neue Website.
Vor der Hitzewelle hatte ich mir noch einen Traum erfüllt und war tatsächlich in die Luft gegangen. Ganz ohne HB!
Die Wasserkuppe ist weltbekannt als Eldorado für Segelflieger. Nachdem mein Vater erfolglos versucht hatte, mich in jungen Jahren zu diesem Sport zu bewegen, will ich es nun doch probieren: für 100€ wird eine halbe Stunde Schnupperfliegen angeboten. Neugierig geworden buche ich gleich die ganze Stunde und nach etwas Warterei (wegen fehlender Thermik) heben wir am späten Nachmittag ab. Lotti heißt meine Pilotin und der Flieger hört auf den Namen ›Duo Diskus XL‹ aus dem Hause Schempp-Hirth.
In den frühen Berufsjahren war ich schon im Helikopter und in einer kleinen Cessna mitgeflogen, aber das hier ist etwas völlig anderes:
auf den Instrumenten des winzigen Cockpits kannst du die wichtigsten Größen ablesen, aber geflogen wird ausschließlich nach Sicht! Und der Blick reicht weit: von der linken Flügelspitze bis zur rechten, vorn bis zum Horizont und über dir ist nur blauer Himmel. Tausend Meter unter dir gleiten Ortschaften, Felder, Wiesen und Wälder vorüber und sind noch prima und en detail zu erkennen. Ein großartiges Gefühl!
Da klinkt der Motorflieger auch schon das Schleppseil aus und Lotti geht unvermittelt in eine scharfe Rechtskurve. Direkt am Flügelende
scheinen die Dörfer vorüberzuschrammen und ich habe das Gefühl, waagerecht in der Luft zu sitzen. Mein Magen hängt irgendwo in den Kniekehlen! Krampfhaft klammere ich mich an die Griffe und bete, das Karussell möge bald ein Ende finden. Doch Lotti legt den Vogel noch weiter auf die Seite und ich habe den Eindruck, sie sonnt sich in meiner Angst, hinauszupurzeln. Schließlich bekomme ich den Mund doch auf und Lotti erklärt grinsend, dass sie gerade einen sogenannten Thermikschlauch benutzt, um an Höhe zu gewinnen. Dazu muss eben eine möglichst enge Kurve geflogen werden. Hätte sie ja auch früher sagen können!
Tatsächlich gewinnen wir rasant an Höhe, das Variometer zeigt eine Steiggeschwindigkeit von zwei bis drei Metern pro Sekunde und bald
wölbt sich direkt über dem Kabinendach eine weiße Cumulus-Wolke, die sich wohl an der Spitze jedes Thermikschlauchs bildet. Der Höhenmesser zeigt 2500müNN! Beachtlich: innerhalb von Minuten haben wir 1500 Meter Höhe gewonnen - ganz ohne eigenen Antrieb!
Nun geht's geradeaus weiter, beinahe lautlos schweben wir dahin und Lotti erklärt, dass wir gerade am früheren ›Eisernen
Vorhang‹ entlangfliegen, der Grenze zwischen BRD und DDR. Noch heute ist das an der Größe der Getreidefelder zu erkennen: in Thüringen (DDR) sind sie klein, überschaubar und durch regelmäßige Baumreihen getrennt, in Bayern und Hessen endlos und die Landschaft eher kahl (Erfolg der Gebietsreform in den 1960-ern und der Forderung nach immer größeren Bauernhöfen!) Beeindruckend ist auch die Geschwindigkeit, mit der wir darüber hinwegrasen: 120 bis 180km/h erreicht der Flieger im regulären Gleitflug. Unter 80km/h würde die Strömung abreißen, erklärt Lotti und die Höchstgeschwindigkeit läge bei 240km/h. Hier oben ist das allerdings nur an den Instrumenten ablesbar, ein wirkliches Gefühl dafür bekommt man nicht.
Schon ist die nächste Wolke in Sicht, mithin der nächste Thermikschlauch und schon geht's im Fahrstuhl wieder nach oben, zur
Abwechslung mal linksrum; Steiggeschwindigkeit diesmal vier bis fünf Meter pro Sekunde. Inzwischen hängt der Magen wieder am gewohnten Platz und ich beginne, diese Art des Fliegens zu genießen. Vater hatte nicht zu viel versprochen.
Viel zu schnell ist die Schnupperstunde vorüber und wir setzen zum Landeanflug an. Ausnahmsweise nicht auf der offiziellen Landebahn,
sondern auf der Wiese direkt vorm Hangar. Dort rumpelt es ein wenig und bevor ich mich recht versehe hat Lotti eingeparkt, wir stehen Flügel an Flügel mit einem anderen Flieger und die Cockpit-Haube öffnet sich. Lotti verabschiedet mich mit einem Kopfnicken und beginnt, ihre Maschine zu putzen. Na ja, ein Plappermaul ist sie wahrlich nicht! Vielmehr lizensierte Fluglehrerin seit über dreißig Jahren!
Zum Abschied hatsche ich durch das Segelflug-Museum, in dem die vergleichsweise junge Geschichte
des Sports (und des Modell-Segelflugs) anschaulich vermittelt wird. So richtig los ging es ja erst nach dem zweiten Krieg, als man die Physik der Aerodynamik und Thermik zu verstehen begann und nebenher Glas- und Kohlefasern in die Herstellung Einzug hielten, mit denen man solch superleichte Gleiter bauen konnte. Unsere zweisitzige ›Duo Diskus XT‹ beispielsweise weist eine Spannweite von zwanzig (!) Metern auf und hat ein Leergewicht von gerade einmal 400 kg. Kohlefasern sei Dank!
Nachzutragen bleiben noch vier Zwischenstopps auf dem Weg in den Himmel:
- [21.06.2022] Besuch auf der Blumeninsel Mainau: recht nett, aber vergleichsweise teuer; die große Blüte ist schon vorbei und der superheiße Sommer schickt seine Hitzewellen voraus;
- [25.06.2022] Besichtigung von Freiburg im Breisgau: super nette Stadt mit Hunderten kleiner Läden und sehenswerter, historischer Kulisse; durch Zufall in die CSD-Parade gestolpert (tolle, offene Leute);
- [01.07.2022] Besuch des Tinyhouse Festivals in Karlsruhe: großer Besucheransturm, keine wirklichen Neuheiten; wenig Infos zur Haustechnik; LKW-Anhänger für 6t Zuladung von Fa. Unsinn interessant; insgesamt eher enttäuschend;
- [10.07.2022] Besuch des Samba-Festivals in Coburg (weltgrößtes außerhalb Brasiliens): Stimmung ok, Schönheiten ok, Musik nicht mein Geschmack (alle Gruppen spielen in etwa das Gleiche).
Amsterdam Pride Parade (Niederlande)
(GPS: 50°30,0430'N; 009°56,9850'E)
MIST, MIST, MIST!!! Schon wieder muss ich einen Tagebucheintrag mit diesen Worten überschreiben. Aber fangen wir mit den erfreulichen Dingen an!
Zurück also nach Goch, zwanzig Kilometer vor der niederländischen Grenze, wo ich zwei Tage Wartezeit
aussitzen muss, bevor es auf direktem Weg nach Amsterdam gehen soll. Für ein so kleines und unerwartet sehenswertes Städtchen ist der Camp riesig … und unerwartet billig (5€/Nacht). Das Aufregendste allerdings, was der Platz zu bieten hat, ist der Ausblick auf die Dächer der übrigen WoMos. Abschreckend hingegen das, was die Insassen den lieben langen Tag so treiben: Nicht! Rein gar nichts. Im Liegestuhl vor dem WoMo hocken und den Passanten zusehen! Kein Buch in den Händen, kein Tablet, keine Beschäftigung jedweder Art! Das soll Erholung sein? Für mich jedenfalls wäre das nichts!
Auf gut ausgebauter Autobahn und bei Sonntagsverkehr rolle ich gen Norden und bemitleide die Autofahrer,
die sich in der Gegenrichtung stauen: das Radio vermeldet das verkehrsreichste Wochenende des Jahres! Trotz Umleitung ist auch der Camp von Amsterdam schnell erreicht und ich mache mich gleich auf zur ersten Sightseeingtour - per Radl versteht sich, dem Verkehrsmittel der Niederlande!
Die Stadt ist wirklich schön, an den Radlverkehr muss man sich allerdings erst gewöhnen. Doch die Distanzen sind easy.
Nach zwei Tagen sind auch die Randbezirke erkundet und ich warte auf den großen Tag: am 06.August steigt nämlich die europaweit größte Parade von Schwulen, Lesben und queeren Menschen. Da muss ich dabei sein. So wie geschätzte zwei Millionen andere auch!
In den Grachten ist schon am frühen Morgen kein freies Plätzchen mehr zu ergattern. Deshalb strample ich flugs zum
Oosterdok, einem großen Becken, auf dem sich die Boote sammeln, bevor sie in die Grachten einfahren dürfen. Anfangs bin ich fast allein und habe einen guten Blick, später wird es dort genauso voll wie an den Grachten! Also mache ich mich auf zur Fotosafari an die Amstel und in die Prinsengracht, wo die Menschen dicht an dicht stehen. Gute Fotos schießen? Keine Chance! Mitten in den Menschentrauben passiert mir zudem ein Malheur [7] und ich muss eilig zurück zum Camp. Obwohl die Parade noch voll im Gange ist. Mist, Mist, Mist!
Bleibt die Zusammenfassung: es war nett. Mehr aber auch nicht. Klar: die Parade ist ein politisches
Statement und 80 Schiffe mit geschätzten 4000 Teilnehmern sprechen eine deutliche Sprache. Aber konkrete Forderungen an die Politik oder Angebote an Betroffene (wie in München, Berlin oder Freiburg) sind Fehlanzeige. Mir kam es vor wie eine riesengroße Party, durchsetzt mit bunten Statements großer Organisationen (einschließlich Polizei, Feuerwehr und Stadtrat), wie tolerant und queerfreundlich man doch sei.
Bizarre Outfits oder wirklich queere Typen fand ich hingegen kaum, auf den Booten nicht und unter den Zuschauern erst recht nicht. Ganz ehrlich: in Freiburg, wo ich nur durch Zufall in die CSD-Parade hineingestolpert war, hatte ich mehr queere Typen getroffen als in ganz Amsterdam. Es war einfach nur eine Riesen Gaudi - und arg kommerziell!
Fazit: "Es war schön, ein zweites Mal brauch ich das aber nicht!"
Rosslare Harbour (Irland)
(GPS: 52°15,123'N; 006°19,967'W)
In diesen Minuten beginnt der Trauergottesdienst um Queen Elizabeth II. Schon irgendwie ergreifend! Möge sie in Frieden ruhen!
Während sich die Würdenträger der Welt in der Westminster Abbey von ihr verabschieden, stehe ich gleich nebenan am Hafen von Rosslare und warte auf die Fähre, die mich zum Kontinent zurückbringen soll. Auch bei mir geht eine Ära zu Ende, wenngleich meine nicht 70 Jahre wie bei der Queen, sondern nur 70 Tage dauerte: die Ära der Inselerkundungen. 2011 hatte ich ja schon die Hebriden, die Inseln vor Schottlands Nordwestküste besuchen dürfen [hier ], dieses Jahr waren die Orkneys ganz im Norden an der Reihe. Daneben natürlich die Schottischen Highlands und weil's gerade am Weg liegt, die grüne Insel Irland. Der Grund für die ungewöhnliche Reiseroute ist schnell erklärt: in Mitteleuropa ist es einfach zu heiß! [3]
Doch lasst mich an Anfang beginnen: in Schottland. Die Anreise von Amsterdam mit der Fähre nach
Harwich im Osten Englands und die vielbefahrene Autobahn M6 nach Gretna Green sind ereignislos bis dröge, auch wenn ich mich an das Fahren auf der 'falschen' Straßenseite erst wieder gewöhnen muss.
Zum Glück herrscht im Norden der Insel - abgesehen von den Hauptrouten - weit weniger Verkehr als im Süden. Obwohl in ganz England Schulferien
und Alle unterwegs sind. Zu deren Favoriten zählt der Norden aber offenbar nicht - obwohl das Wetter dieses Jahr wirklich traumhaft ist (für schottische Verhältnisse)! So richtig zügig kommt man dennoch nicht voran: erstens weil man die wundervolle Landschaft genießen möchte, zweitens weil die Straßen oft nur sogenannte single lane tracks mit Ausweichstellen alle paar hundert Meter sind. Alles in Allem ist die Fahrerei in den Highlands jedoch um Welten entspannter als später auf der grünen Insel! (s.u.) Gut, die landschaftlichen Highlights sind nicht ganz so dicht gesät wie dort, dafür bleibt genügend Muße (und Möglichkeit), sie in Ruhe zu bestaunen. Respektive in sie einzutauchen, wie beispielsweise in den Wäldern, in denen die schottische Forstverwaltung einige richtig nette Plätze zum Übernachten angelegt hat.
Trotzdem hat Schottland jede Menge zu bieten. Die kulturellen Highlights hatte ich schon 2011 auf der Jungfernreise der
Lady Grey erkundet ( Reisebericht und Fotostrecke ), diesmal will ich mich ganz auf die landschaftlichen konzentrieren. Daher hier nur ein paar Impressionen ohne große Worte:
Den Höhepunkt (geografisch wie interessentechnisch) bilden die Orkneys, eine Inselgruppe ganz im Norden, die sogar ihre eigene Flagge hat [6].
Hauptattraktion dort ist zum einen Scapa Flow, ein riesiger Naturhafen inmitten eines halben Dutzends Inseln, der traurige Berühmtheit erlangte, als sich dort die kaiserlich-deutsche Flotte des 1. Weltkriegs selbst versenkte, um den Briten nicht in die Hände zu fallen, zum anderen Skara Brae, eine neolithische Siedlung, die ab 3100 vor unserer Zeitrechnung für etwa 600 Jahre bewohnt gewesen sein muss. Schon damals verstanden sich die Bewohner auf den Bau steinerner Häuser (andernorts wurde damals Holz verbaut), die sie mit Erde stabilisierten, sodass quasi eine unterirdische Siedlung entstand. Erst 1850 wurde die Anlage nach einem schweren Sturm wiederentdeckt. Heute gilt sie als die am besten erhaltene Siedlung der Jungsteinzeit in ganz Europa.
Offen bleibt die Frage, ob sich die (Auto-)Fähre zu den Orkneys rentiert oder ob man die Inselgruppe lieber im Rahmen eines
organisierten Tagesausflugs von John O'Groats aus erkundet, wie ich das tue. Plötzlich zusammen mit einer Busladung Touris durch die Sehenswürdigkeiten geschoben zu werden, ist hingegen eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte. Dennoch bilden die Orkneys das diesjährige Highlight.
***
Gerne wäre ich noch zwei, drei Wochen länger im Norden geblieben, doch auch dort zieht langsam der Herbst ins Land. Höchste Eisenbahn
also für die nächste Etappe: die grüne Insel Irland. Grün ist die Insel in der Tat, über weite Strecken sogar mehr als dem Fahren mit der Lady Grey zuträglich ist. An ein entspanntes Cruisen wie in den schottischen Highlands ist jedenfalls nicht zu denken. Zumindest nicht auf den Straßen des Wild Atlantic Way, den ich ausgesucht hatte.
Zitat Fremdenverkehrswerbung:
Der Wild Atlantic Way – mit über 2600 km Länge eine der längsten ausgewiesenen Küstenstraßen der Welt – schlängelt sich entlang der irischen Westküste von der Halbinsel Inishowen im Norden des County Donegals bis ins Küstenstädtchen Kinsale im Süden des County Cork. Die Route führt durch eine von der Naturgewalt des Ozeans geformte Küstenlandschaft, deren landschaftliche Schönheit und Vielfalt einzigartig ist. Bezaubernde kleine Orte, die sich an die Küste schmiegen und uralte Monumente, deren Ursprung sich im Nebel der Zeit verlieren, säumen den Weg. Hinter jeder Wegbiegung dieser magischen Küstenstraße wartet ein neues Abenteuer…
Übersichtskarte über die Route des Wild Atlantic Way |
Die Werbung verspricht nicht zu viel: das Abenteuer wartet jedoch nicht hinter der nächsten Wegbiegung ... sondern in der
Kurve selbst! Zumindest, wenn man ein Gefährt wie die Lady Grey entlangbugsieren muss! Die Fahrbahn ist nämlich derart schmal, dass mit Ach und Krach zwei PKW aneinander vorbeipassen, LKWs oder auch nur Reisemobile sind hier einfach nicht vorgesehen! An sich wäre das nicht tragisch, doch das dichte Grün ragt links und rechts der Fahrbahn drei, vier Meter in die Höhe - und zwar nicht mit gehörig Abstand zur Fahrbahn wie in Mitteleuropa, sondern unmittelbar daneben. Und unmittelbar heißt fünf Zentimeter Abstand! Wenn überhaupt.
Dazu kommt, dass ich im Fahrerhaus auf der linken Seite sitze und man hier auf der linken Straßenseite fährt, ich also unmittelbar
an der grünen Mauer hocke. Auch nur den Ellenbogen aus dem Fenster zu lehnen ist da wenig ratsam! Obendrein sehe ich in Linkskurven keine fünf Meter weit, da mir die grüne Mauer jede Sicht versperrt. Jeder Kurve wird zum versprochenen Abenteuer: kommt jemand entgegen oder kommt keiner? Und wie gesagt: der Verkehr auch auf dieser Touriroute ist zahlreich! Also bleibt nur eins: Zotteln. Mehr als zwanzig, dreißig Stundenkilometer sind meist nicht drin, sehr zum Leidwesen meines Nervenkostüms … und der Autofahrer hinter mir.
Wegweiser des ›Wild Atlantic Way‹ |
Ein weiterer Punkt macht die Fahrerei nicht eben zum Zuckerschlecken: es gibt nämlich keine Stellen, wo man diese Straßen einmal verlassen könnte. Und sei es nur für eine Pinkelpause, ein schnelles Foto oder um die Schönheit der Landschaft in sich aufzusaugen! Stattdessen reiht sich eine grüne Mauer an die nächste, unterbrochen nur von verschlossenen Viehgattern oder auch mal dem englischen Rasen (mitsamt Mauer!) eines imposanten Anwesens, wie sie besonders gern an landschaftlich schönen Fleckchen stehen. Wurde dann doch mal ein Parkplatz angelegt, steht garantiert eine Höhenschranke mit zwei Metern Durchfahrtshöhe davor. Kurz und gut: mit der Lady Grey auf dem ›Wild Atlantic Way‹ überhaupt einen Parkplatz zu finden ist ein Vabanque-Spiel - geschweige denn, einen schönen für die Nacht! [4][5]
Okay, genug gemeckert! Hat man sich nämlich im Schneckentempo irgendwohin gezottelt, erwartet einen eine wahre Bilderbuchlandschaft
und eine weitgehend intakte Natur, von der wir Mitteleuropäer nur träumen können. Ihren Spitznamen ›Grüne Insel‹ hat Irland jedenfalls nicht von ungefähr! Und dass hier so viele Kinofilme gedreht wurden hat wohl auch seinen Grund!
Was die landschaftliche Schönheit und Vielfalt angeht, zähle ich Irland zu den 'Top-Drei' der Länder, die ich bislang besuchen durfte.
Wären da nicht diese vermaledeiten Straßen! Daher hier nur ein paar Schnappschüsse von Orten, an denen ich anhalten konnte:
Nach schier endloser Zottelei und Kurbelei ist schließlich das Highlight des gesamten ›Wild Atlantic Way‹ erreicht,
das UNESCO-Weltkulturerbe, das bekannteste, jedoch am schwersten zugängliche mittelalterliche Kloster Irlands: Skellig Michael (zu Deutsch: Michels Felsen).
Obi-Wan Kenobi aus dem Streifen STAR WARS |
Um es gleich vorauszuschicken: weder Obi-Wan Kenobi noch Luke Skywalker waren zuhause. Die bizarre Insel vor der Küste der Halbinsel
Kerry spielte nämlich in zwei Episoden von Star Wars eine wichtige Rolle. Seit dem Kinohit wird die schwer zugängliche Insel von Touris förmlich überrannt. Zum Glück dürfen pro Tag nur 20 Boote mit je 12 Besuchern anlanden, was die Besucherströme halbwegs in Grenzen hält. Ein angsteinflößender Einführungsfilm im ›Skellig Experience Center‹ tut ein Übriges, die Tourimassen fernzuhalten. Mag sein, dass die 1-stündige Überfahrt in den kleinen Booten und der Aufstieg über die 600 Stufen bei Sturm und Regen tatsächlich kein Zuckerschlecken sind, uns jedoch lacht die Sonne den ganzen Tag und das gefährliche Abenteuer nur für Trittfeste und Schwindelfreie (so die 'Werbung') wird zum lockeren, wenn auch schweißtreibenden Spaziergang.
Oben angekommen erwarten uns die (restaurierten) Reste eines Klosters, das im 6. oder 7. Jahrhundet gegründet und bis ins 12. Jahrhundert
hinein bewohnt gewesen sein soll. Glaubt man den Historikern, bestand die Gemeinschaft aus 12 Mönchen und einem Abt, was wohl die Jüngerschar um Christus nachbilden sollte. Neben sechs sogenannten Bienenwabenhütten (Beehive Huts), die nur aus aufeinandergeschichteten Steinen bestehen, existiert noch eine Kirche, die gemörtelt wurde und wohl aus dem 11. oder 12. Jahrhundert stammt. Das wirklich Imposante der abgelegen Mönchsklause sind jedoch die Zugangswege, die durch drei beinahe senkrechte Seitentäler zweihundert Meter in die Tiefe führen. Höhenangst durften die Mönche jedenfalls nicht haben!
Geholfen hat ihnen die abgelegene Location trotzdem nichts: mindestens einmal, vermutlich öfters, wurden sie von Wikingern überfallen
und ihrer 'Reichtümer' beraubt. Ob sich der Beutezug für die Nordmänner gelohnt hat, mag bezweifelt werden, denn die Mönche waren ja hierhergekommen, um in Askese zu leben. Vermutlich aber auch, um die atemberaubende Aussicht auf die kleine Schwesterinsel Little Skellig zu genießen.
Nachzutragen bleibt, dass der Bootsausflug nicht ganz billig ist (125€/Person) und man sich Monate im Voraus anmelden sollte.
Weit einfacher zu organisieren sind 2½- bis 3-stündige Bootsfahrten rund um die beiden Inseln, aber ohne Landgang, die für ca. 30€/Person vor Ort zu haben sind.