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Natur in XXXL

USA

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Nov 03 2014

Lone Rock Beach - Lake Powell (USA, Utah) (GPS: 37°00,859'N; 111°32,259'W)

Foto USA Das Thermometer fällt ins Bodenlose. Dicke Regentropfen klatschen gegen die Scheiben. Finstere Wolken lassen der Sonne keine Chance. Gestern fegt ein Sandsturm über den Strand des Lake Powell und vertreibt selbst die Handvoll einheimischer Camper, die sich hartnäckig behauptet hatten. Kommt jetzt tatsächlich der Winter in die Wüste?

Im freien Fall befindet sich derzeit auch mein Reisefieber. Wollte ich am Donnerstag nur ein, zwei Tage bleiben, um die umwerfende Landschaft und den See zu genießen - eine echte Wohltat nach so viel Wüste - so stehe ich hier nun schon fünf Tage. Die herrlichen Wüstenlandschaften, die ich sonst so liebe, können mir gestohlen bleiben. Painted Desert, Bryce Canyon, Grand Canyon, Las Vegas: alles höchst magische Namen, die mich derzeit vollständig kalt lassen: der Travel Blues hat mich erwischt.

Die richtige Zeit also, wenigstens in Ruhe zurückzublicken und die letzten Wochen Revue passieren zu lassen!

Welcome to the USA

"Sie brauchen doch gar kein Visum!" begrüßt mich der US-Immigration-Officer am Port of Roosville, als ich ihn auf mein noch druckfrisches Visum hinweise, dass ich in Calgary gegen teures Geld und nervige Warterei erstanden hatte. Als ich ihm erzähle, dass mir just sein Kollege in Alaska dazu geraten hat, schüttelt er nur verständnislos den Kopf. "Ja, ja, die lieben Kollegen im Norden!" Zum vierten Mal muss ich danach mein Konterfei und meine Fingerabdrücke abgeben - auch so kann man Datenmüll produzieren! Ansonsten ist die Abfertigung freundlich und die Herren geben mir noch eine Menge Tipps für die Grenze nach Mexiko mit auf den Weg (sie waren zwar noch nie dort, aber sie wissen es ganz genau ...).

Foto USA Recht weit will ich heute nicht mehr fahren. Bald zeigt ein Wegweiser mitten in den Wald (NF-Access) und flugs habe ich den ersten netten Nachtplatz im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gefunden: abseits der Straße, ruhig, nicht einsehbar und kostenfrei. Was will der Reisende mehr? In den nächsten Tagen weisen mich die NF-Schilder immer wieder zu wahren Traumplätzen mitten in der Natur. Die Sorge mit der Nachtplatzsuche bin ich also fürs erste los. Es stellt sich eher die Frage, welchen der zahllosen tollen Plätze ich ansteuern soll. Selbst das Stehen in freier Natur ist meist kein Problem, sofern man sich von Private Property fernhält (ist aber viel seltener ausgeschildert als in Canada). Unterm Strich erweist sich die Nachtplatzsuche erheblich einfacher als im hohen Norden!

Recht entspannt ob der neuen Gegebenheiten rolle ich quer durch Montana, das von der Landschaft her noch stark an Canada erinnert und halte auf die Nordwestecke von Utah zu, wo mich der erste der großen Nationalparks der Vereinigten Staaten erwartet.

Yellowstone Nationalpark

Foto USA Als Leifr Eriksson um das Jahr 1000 Amerika entdeckt, bringt er große Gastgeschenke mit: Geysire. In seiner Heimat Island gibt's ja mehr als genug davon. Nun haben also auch die USA ein paar heiße Fontänen. Grund genug, einen Nationalpark einzurichten. OK, OK, Geysire selbst hat Leifr natürlich nicht im Gepäck, aber der Name 'Geysir' stammt eindeutig aus Island.

Foto USA Hier im Yellowstone Nationalpark heißen die kochenden Wasserfontänen aber nicht einfach nur Geysir oder Strokkur, sondern Grand Geyser und Old Faithful und lassen sich mit ihren Wasserspielen erheblich mehr Zeit als ihre isländischen Kollegen. Der Old Faithful sprudelt inzwischen nur noch alle 1½ Stunden, der Grand Geyser nur noch ein- bis zweimal am Tag. Die Wassersäulen schießen auch nicht so explosionsartig in die Höhe wie beim Strokkur, dafür steigen sie höher und sprudeln länger als die Isländer. Na ja, in den USA ist eben alles größer als anderswo.

Das trifft auf den Yellowstone-Nationalpark ganz besonders zu. Er liegt nicht nur mitten in einem der größten und ältesten Vulkane Nordamerikas. Richtig gelesen, der ganze Nationalpark liegt im Innern eines gewaltigen Vulkans! Auch die Geysire, heißen Quellen, Schlammlöcher und rauchenden Schlote (Fumaroles) sind zahlreicher und auf ein sehr viel größeres Areal verteilt als in Island, Neuseeland oder Hawaii, den einzigen Regionen weltweit, in denen sonst noch hydrothermal features zu finden sind.

Foto USA Der letzte Ausbruch des Yellowstone-Vulkans ist allerdings schon 640.000 Jahre her. Die vorhergehenden liegen 1,8 bzw. 2,1 Millionen Jahre zurück. Recht beruhigend! Gigantisch und verheerend waren alle drei Ausbrüche dennoch: ihre Aschen sind heute noch in Kalifornien und Mexiko nachweisbar. Seither herrscht weitgehend Ruhe, auch wenn die Erde unter den Füßen täglich ein paar Dutzend Mal bebt (wenn auch nur mit dem Seismometer nachweisbar). Geblieben ist eine Caldera von siebzig mal fünfzig Kilometer Größe - das Zentrum des Yellowstone Nationalparks. Foto USA Hier finden sich all die Naturschauspiele, derentwegen 1872 der erste und inzwischen zweitgrößte Nationalpark der Vereinigten Staaten eingerichtet wurde. Interessant zu hören, dass der Park über dreißig Jahre lang vom Militär gegen Siedler, Prospektoren und andere Ausbeuter verteidigt werden musste, bevor die Bevölkerung einsah, dass die Natur selbst ein schützenswertes Gut ist. Sogar ein eigenes Fort wurde dazu erbaut. Erst allmählich konnte der Nationalpark-Gedanke Fuß fassen.

Der Park lockt heute die Besucher in riesigen Scharen an - 2010 waren es 3,6 Millionen. Was bin ich froh, erst jetzt - kurz vor Schließung des Parks - hier zu sein! Im Sommer sind die Menschenmassen und der Verkehr auf den Parkstraßen sicher kaum auszuhalten! Ganz richtig gelesen, nächste Woche werden hier die Bürgersteige hochgeklappt! Hotels und die meisten Camps haben heute schon geschlossen, der Service auf den verbleibenden ist eher besch....

Foto USA Das imposanteste im Park sind natürlich die zahlreichen Geysire. Außer dem Grand Geyser und dem Old Faithful entladen über dreihundert (!) weitere ihre Wasserfontänen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen - unter lautem Aaaah und Ooooh der Besucher. Unmittelbar daneben blubbern und brodeln noch einige Tausend heiße Quellen oder Schlammkuhlen. Foto USA Insgesamt weist Yellowstone über 10.000 hydrothermale Features auf, dazu 290 Wasserfälle jeder Größe. Wirklich imposant!

Einer der höchsten Wasserfälle im Park sind die Lower Falls: der Yellowstone River stürzt sich hier knapp 94 Meter in die Tiefe. Eine ähnliche Höhe erreichen nur die Niagara Falls im Osten der Staaten. Ist es dort die schiere Wassermenge, die die Fälle so imposant macht, ist es hier die tolle Umgebung. Farbenprächtiges Gestein, teils vulkanischer Tuff, teils Ryolite, das durch heiße Quellen und Fumarolen aufgeweicht wurde. Noch heute brodelt und dampft es an vielen Stellen der dreihundert Meter hohen Talwände in der über dreißig Kilometer langen Schlucht.

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Ihr seht, Superlative hat der Yellowstone genug zu bieten. Dazu kommen diese Woche noch Temperaturen um die zwanzig Grad (plus!) und eine Sonne die vom strahlend blauen Himmel lacht. Als ob Sie sich für ihr wochenlanges Verschwinden in Alaska revanchieren will. Auch dies ein Superlativ für Mitte Oktober!

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Was mich am Yellowstone ganz besonders fasziniert, ist zum einen natürlich die schiere Anzahl von geothermalen Features, zum anderen aber auch ihre Verschiedenartigkeit. Ein Geysir spuckt nur zwanzig bis dreißig Zentimeter hoch, ein anderer dreißig bis vierzig Meter. Einer sprudelt alle fünf bis zehn Minuten, ein anderer nur alle paar Stunden - viele widersetzen sich völlig der Vorhersage und machen, was sie wollen. Die heißen Quellen schimmern in allen Regenbogenfarben: rotbraun, tiefblau oder türkis - dank gelöster Mineralien und Bakterien, die sich zu Milliarden im kochend heißen Wasser tummeln.

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Foto USA Foto USA Viele Parkbesucher zieht es nur zur Schlucht des Yellowstone River, zum Wasserfall oder zu den Thermalfeldern rund um den Old Faithful. Mindestens genauso beeindruckend aber sind die Terrassen im Norden, bei Mammoth Hot Springs. Vielleicht kennt ihr die Sinterterrassen bei Pamukkale in der Türkei. Dort bildet die gleich­bleibende Mineralienfracht des heißen Wassers blendend weiße Kalkterrassen. Hier verändert sich die Zusammensetzung des Wassers ständig, auch Menge und Temperatur der Quellen variieren. Manche Quellen trocknen zeitweise aus, andere erwachen zum neuen Leben. Alle zusammen bilden neben leuchtend weißen auch gelbe, braune und fast schon rote Ablagerungen, die sich wie Blätterteig aufeinander schichten und höchst imposante, farbenprächtige Formationen ergeben, die vor allem in der Abendsonne herrlich leuchten.

Foto USA In dem Sammelsurium von Mineralien fühlen sich auch eine Menge wilde Tiere pudelwohl. Bisons tummeln sich vornehmlich zwischen den heißen Quellen oder auf dem Mittelstreifen der Straße, Rotwild (Elk) scheint sich in den Ortschaften besonders wohl zu fühlen, Bären eher im Wald und auf den Camps (jedenfalls wird allenthalben davor gewarnt). Neuerdings heulen nachts sogar Wölfe, die hier wieder heimisch gemacht werden sollen. Daneben zwitschern über dreihundert Vogelarten (die ich nicht nachgezählt habe) und sechzehn Fischarten bevölkern Seen und Flüsse. Foto USA Das allerdings verwundert mich doch ein wenig, da m. E. in einem Nationalpark im Grunde die bestehende Natur bewahrt werden sollte - so wie sie ist. Bei den Fischen aber werden die Seen aktiv mit Jungfischen und Laich bewirtschaftet - just mit den Arten, die die Angler am liebsten haben - dem Lachs! Nun ja, den Anglern kann man - neben den Parkgebühren - noch Geld für die Angellizenz abknöpfen. Und die Angler sind hier mindestens so zahlreich wie oben in Canada! Aber was - bitte - hat das in einem Nationalpark zu suchen?

Foto USA Eine besondere, von vielen gar nicht angesteuerte Attraktion habe ich mir für den Abschluss der dreitägigen Park-Rundfahrt mit vielen Wanderungen und Fotostopps aufgehoben: den 'westlichen Daumen'! Der West Thumb, eine große Bucht im Westen des Yellowstone Lake ist - geologisch gesehen - ein Krater im Krater, wenn auch an der Oberfläche des Sees davon Nichts auszumachen ist. Dafür an seinem Ufer. Foto USA Da blubbern heiße Quellen direkt an Seeufer und über allem wabert ein milder Geruch nach faulen Eiern. Keine fünf Meter vom Ufer des eiskalten Sees entfernt liegen türkisblaue Lagunen, in die man am liebsten sofort eintauchen möchte. Dabei würde man sich allerdings gehörige Brandblasen holen, denn das tropisch warm anmutende Wasser ist um die 70°C heiß! Welch ein Kontrast zum fünf Grad kalten Wasser des Sees! In beiden ist - nicht nur der Temperaturen wegen - das Baden verboten!

"Wie hat Dir denn Yellowstone gefallen? So, unterm Strich" werdet ihr mich fragen. Nun ja, er war schon beeindruckend. Landschaftlich und von den geologischen Features her gesehen hat er wirklich eine Menge zu bieten! Auch an die Tiere kommt man (in den Südstaaten) selten so nahe 'ran. Allerdings ist das 'Naturerlebnis' arg durch Menschenhand geprägt. Vor allem die allgegenwärtigen, hölzernen walkways sind gewöhnungsbedürftig! Man kommt gar nicht wirklich nahe an die interessanten Dinge ran. Ab und zu glaubt man sich im Kino und wartet darauf, dass die Vorstellung beginnt. Natur auf Vollbildleinwand. Natur in 3D. Drüben in Island kann man die Natur tatsächlich 'berühren', mit eigenen Händen greifen. Begreifen. Nur die wirklich lebensgefährlichen Areale sind dort abgesperrt. Hier steht man allenthalben an einer Barriere, weit weg vom Geschehen und erlebt "Natur aus der Ferne". Natur, die den Besucher - auch emotional - eben nicht 'berührt'.

Dazu dürfte im Sommer eine unübersehbare Zahl von Touris kommen, die das 'Naturerlebnis' definitiv trüben dürften. Jetzt, eine Woche vor Toreschluss ist das weitgehend ok, auch wenn der eine oder andere Bus voller Plattnasen noch die Ruhe stört - aber der fährt auch wieder ab!

Trotz seiner um vieles größeren und zahlreicheren Features bleibt der Yellowstone im Vergleich zur Geysir City auf Island nur zweiter Sieger!

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Unmittelbar im Süden des Yellowstone NP schließt sich ein weiterer, völlig andersartiger Nationalpark an: der Grand Teton NP. Welch ein Kontrast! Ist der Yellowstone geologisch einer der ältesten Formationen Nordamerikas, ist der Grand Teton eine der jüngsten: gerade mal fünfzig Millionen Jahre jung. Ähnlich wie in den ebenfalls sehr jungen Alpen prallen hier zwei tektonische Platten aufeinander und türmen die Berge in den Himmel. Bis 3600 Meter ragen sie heute empor, obwohl ein Großteil der Höhe schon wieder von Gletschern abgeschliffen wurde. Trotzdem bilden sie einen interessanten Anblick ... und im Sommer ein tolles Wandergebiet. Sie erinnern gewaltig an 'zu Hause'. Auch, was die Temperaturen angeht: da ist nun jeden Morgen Eiskratzen angesagt! Allerhöchste Zeit, dem Winter davonzufahren!

Weiter gen Süden

Foto USA Das Eiskratzen ist schnell vorüber, als ich nach zwei Tagen gemütlicher Fahrerei durch das Star Valley - benannt nach den hier besonders gut zu beobachtenden Sternen - die Wasatch Mountains quere und in das riesige Becken des Great Salt Lake eintauche. Das Becken des großteils ausgetrockneten Salzsees liegt gute tausend Höhenmeter unter den Nationalparks und schon im Einflussbereich der Wüsten Arizonas und New Mexicos. Bläst der Südwind etwas heftiger, kraxelt das Quecksilber Mitte Oktober noch locker über die 30-Grad-Marke und hüllt Salt Lake City (SLC) - die Stadt neben dem See - in dicke, gelbbraune Staubwolken. Foto USA Auch ohne Staub ist SLC ein Moloch, den ich nicht gesehen haben muss! Wie Arme einer überdimensionalen Krake winden sich die sechs- und acht-spurigen Freeways in die flache Landschaft, gesäumt von den ebenso flachen (einstöckigen) Wohnquartieren der Fast-Stadtbewohner. In einem Gebiet nördlich und südlich von SLC, gerade mal einhundertzwanzig Kilometer lang und dreißig Kilometer breit, drängen sich achtzig Prozent der Bevölkerung ganz Utahs. Dabei hat gerade Utah so viel wirklich atem­beraubende Landschaft zu bieten!

Foto USA Foto USA Stundenlang auf eintönigen Freeways und Interstates entlangzurollen? Danach steht mir der Sinn ganz und gar nicht! Also am Ende der 'bewohnten Zone von SLC' schnell links abbiegen und wieder in die Berge, hinauf aufs Colorado Plateau. Wo sich nun eine Attraktion an die andere reiht. Der Arches Nationalpark soll mein erstes Ziel sein, aber es ist Wochenende und mindestens die Hälfte der Einwohner von SLC haben ihre ATVs aufgeladen und stauen sich auf der vierspurigen Parkzufahrt. Also schlage ich einen kleinen Bogen und rolle zunächst durch das malerische Colorado Valley. Dort, wo der später so majestätische Fluss noch ein kleiner Bach ist - und trotzdem eine sehenswerte Schlucht in den Stein gefräst hat, in der ich mit Schauen und Fotografieren kaum nachkomme.

Foto USA Foto USA Ein kleiner Seitenarm, der Onion Creek hat nicht weniger grandiose Arbeit geleistet und einen schmalen Canyon ausgefräst, dessen Wände sich im Himmel zu berühren scheinen. Eine schmale, ausgewaschene Piste führt zu einem halben Dutzend idyllisch und absolut einsam gelegener Campspots. Kein Wasser, keine Toiletten, kein Kiosk: dafür ein ebener Standplatz mitten in atemberaubender Natur, dazu der Eisenring fürs obligate Lagerfeuer. Mit Wanderungen durch den Canyon und abenteuerlichen Kletterpartien geht das Wochenende viel zu schnell vorbei und die Schlange vor dem Nationalpark wird deutlich kürzer.

Arches Nationalpark

Foto USA Der Grund für die Autoschlangen wird schnell klar: der Nationalpark ist wirklich etwas Besonderes! Ein Publikumsmagnet par excellance. In vier Sektionen kann man Wunderwerke der Natur bestaunen, die es nur hier gibt. Nur hier geben kann. Der Grund für die unzähligen Fins, Arches, Windows und Bridges liegt im weichen, jungen Gestein. Als sich vor ca. 150 Millionen Jahren anderswo die Dinosaurier tummelten, wurde hier Sand in kilometerdicken Schichten abgelagert. Mit den Jahrtausenden verfestigte er sich und wurde zu 'Entrada Sandstone', einem offensichtlich besonders weichen Gestein, das im Nationalpark zu Tage tritt.

Foto USA Foto USA Eine Hebung des gesamten Colorado Plateaus in späteren Äonen erzeugte dann senkrechte Risse im Gestein, die sich über hunderte Meter kerzengerade dahinzogen. Mit dem Eindringen von Wasser, mit Frost und Wind wurden die Risse schließlich aufgeweitet und das lockere Gestein fortgetragen. Stehen blieben senkrechte, hunderte Meter hohe Felsplatten, die 'Finnen'. Nun konnte die Erosion auch an deren Fuß ansetzen und nach und nach Löcher in die Platten fräsen, sodass am Ende - je nach Gesteinszusammensetzung - Bögen, Fenster oder Brücken übrigblieben.

Die Erosion macht natürlich nicht halt, nur weil alle Welt die Arches, Windows und Bridges bestaunen will. Erst letztes Jahr donnerte ein riesiges Stück Fels von der Unterseite des Landscape Arch zu Boden. Und schon werden erste Wetten abgeschlossen, wie lange sich der restliche Bogen noch halten kann. So filigran wie er den über einhundertzwanzig Meter weiten Bogen spannt, grenzt es an ein Wunder, dass er überhaupt noch steht!

Foto USA Foto USA Kann man den Landscape Arch (aus nachvollziehbarem Grund) nur aus gebührender Entfernung bestaunen, darf man den meisten anderen ganz nah auf die Pelle rücken und manch einer - wie der Partition Arch eröffnet tolle Ausblicke auf die umliegende, wüste, beeindruckende Landschaft. Im Teufelsgarten, im Devils Garden findet man die meisten Arches, die man sich auf teilweise sehr hübschen Wegen erwandern - zum Teil auch auf allen Vieren erklettern kann. In der 'Windows'-Sektion, etwas weiter südlich, kann man dagegen mit dem Auto bis fast ans Fenster fahren. Neben den sogenannten Süd- und Nordfenstern beeindruckt hier der vergleichsweise massive Turret Arch und - gleich gegenüber - der Double Arch, wo sich gleich zwei Bögen über eine ausgewaschene Felskuhle spannen.

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Ohne langfristige und arg reglementierte Voranmeldung darf man allerdings im Nationalpark nirgends campieren - ein wahres Ärgernis in allen gut besuchten NP's - und das sind im Grunde genommen alle! Gerade an Tagen, wo es - wie hier - viel zu erkunden gibt, ist das ein echtes Problem, weiß man doch nie genau, wann das Licht am besten ist und wie viel Zeit man tatsächlich braucht. So geht die Sonne schon fast unter, als ich das highlight des Parks erreiche, den vielbestaunten Delicate Arch.

Was soll ich sagen: er ist wirklich einer der beeindruckendsten. Nicht nur, weil er nicht 'so schnell mal eben' zu erreichen ist und der Fußweg mehrere Tropfen Schweiß kostet. Kommt man jedoch um die letzte Biegung, sieht man ihn in aller Pracht vor sich: völlig losgelöst steht er isoliert auf einer Art Felsveranda. Von allen Seiten ist er prima zu sehen und rahmt den Blick auf die La Sal Mountains aufs Trefflichste ein. Dann im Abendlicht leuchtet er in herrlich warmen Rot- und Gelbtönen. So richtig imposant wird's lange nach Sonnenuntergang, wenn die Besucher längst im Tal sind, sich jedoch Tausende Sterne der Milchstraße wie ein grandioser Himmelsbogen über ihm spannen.

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Foto USA Foto USA Nach einer arg kurzen Nacht am Straßenrand stehe ich schon vor Sonnenaufgang wieder an den Windows und nutze das warme Licht der aufgehenden Morgensonne. Es gäbe hier noch so viel zu erkunden: die Courthouse Towers, den Garden of Eden, den Fiery Furnace, die Klondike Bluffs, das Salt Valley. Die Gegend ist wirklich grandios, lädt zu kurzen und längeren Wanderungen ein oder zu Abstechern auf Pisten, die man nur mit Allrad befahren kann. Abgesehen von ein paar Hundert Hinweistafeln ist der Park erstaunlich wenig reglementiert und man kann gehen wohin man will - solange man keine Graffiti an den Felsen hinterlässt (offenbar ein großes Problem) oder die fragile Wüstenflora zertrampelt (sprich auf dem Weg bleibt). Aber das versteht sich ja wohl von selbst!

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Was ich eben für den Arches Nationalpark getippt habe, trifft im Grunde auf den gesamten Mittleren Westen der USA zu: Es gibt so viel zu erkunden, so viele Naturschauspiele, so viele Parks, so viele Sehenswürdigkeiten (ja, vor allem solche außerhalb der Städte), dass es schwer ist, sich zu entscheiden und schon fast unmöglich, alle zu erkunden. Die Auswahl fällt schwer, will man nicht im wirren Zickzack von einem Park zum nächsten fahren. "Warum warst Du denn nicht in XY, da ist es doch besonders schön!" werdet ihr mich vielleicht fragen. Irgendwo aber muss ich eine Auswahl treffen, und die ist zugegeben subjektiv - und zufallsbedingt.

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Im Navajo Land

Foto USA Ein winziger roter Punkt auf der Landkarte. Ein verwaschener Wegweiser, eine ruppige Piste. Eine Aussicht, die alles Bisherige in den Schatten stellt! Unter mir senkrechte, rote Felswände und ein Canyon, der dem Grand Canyon in nichts nachsteht (außer vermutlich den Besucherzahlen). In der Ferne schimmern die schroffen Schlote, Kastelle und 'Butts' des Monument Valley in der Abendsonne. Kann ein Nachtplatz schöner sein?

Foto USA Muley Point heißt dieses Juwel, bis vor Kurzen offenbar nur mit dem Muli erreichbar und auch heute noch ein echter Geheimtipp. Ein paar Meilen nördlich von Mexican Hat gelegen bietet er Aussicht pur: 360 Grad Rundumsicht während man hoch über dem Canyon des San Juan River steht und der Blick im Süden bis zum Monument Valley schweift, das schon drüben in Arizona liegt. Genauer gesagt: im Land der Navajo-Indianer.

Weite Gebiete im Norden Arizonas und im Süden Utahs stehen unter weitgehender Selbstverwaltung der Navajo. Sie sehen bereits recht südländisch aus und ihre Sprache klingt wie Mexikanisch. Offenbar hatte bei der Landaufteilung keiner so rechtes Interesse an den wüsten Landstrichen Arizonas und Utahs, sodass die Navajo bei der Zuweisung der Reservate auf ihrem angestammten Land bleiben und ihr Vieh auf den eigenen Weiden belassen durften. Ein paar Jahre später allerdings wurden die Hopi-Indianer im gleichen Reservat angesiedelt, obwohl sie seit Jahrhunderten die eingeschworenen Feinde der Navajo waren. Erst nach mehreren Hundert Toten auf beiden Seiten konnten sich die zwei Stämme zusammenraufen. Ein fieser Schachzug der US-Administration!

Foto USA Heute bemerkt man davon wenig und die Navajo haben sich zu einer geschäftstüchtigen Gruppe gemausert, die ihre Selbstverwaltung und Eigen­ständigkeit vehement verteidigen. Vieles, was im Rest der Staaten als selbst­verständlich gilt, ist hier nur Makulatur: es herrscht striktes Alkoholverbot, Kreditkarten gelten ebenso wenig wie die Pässe der Nationalparks oder Campingverbände. Bare Dollars hingegen werden auch hier mit Handkuss genommen ...

Foto USA Die Navajo sind ein naturverbundenes und spirituelles Volk, in denen die Meinung der Alten noch etwas zählt - wie bei den meisten Indianergruppen. Wird ein Landstrich als heilig verehrt, ist's schnell vorbei mit der Freiheit der Besucher - selbst wenn sie Einritt bezahlt haben! Dann darf man allenfalls mit (teurem) Spezialführer oder nur mit einem zusätzlichen Permit hinein, das in manchen Fällen nur zwanzig Besucher pro Tag erlaubt. So gut ich den Schutz von Heiligen Stätten nachvollziehen kann, das Reisen macht's nicht leichter!

Foto USA Selbst im weltbekannten, wirklich sehenswerten und entsprechend gut besuchten Monument Valley sind viele der beeindruckenden Felsnadeln und Zeugenberge nur mit einheimischen Führern zu besuchen. Nun verleitet der weiche Sandstein offenbar jeden dazu, seine Initialen oder Schlimmeres im Fels zu verewigen. Daher sind die Regeln der Navajo-Verwaltung schon zu verstehen ... Trotzdem sind die Zeugenberge, die Felsnadeln und Mesas höchst imposant. Das Gestein ist ein paar Millionen Jahre älter als das der Arches, trotzdem nicht wesentlich härter. So konnte auch hier die Erosion ganze Arbeit verrichten und malerische Felskolosse wie höchst zerbrechlich wirkende Felsnadeln formen.

Foto USA Ziemlich genau auf der Grenze zwischen Arizona und Utah liegt die Glen Gorge, eine tief in den umliegenden Sandstein eingeschnittene Schlucht des Colorado River. 'Lag' muss man korrekter Weise sagen, denn zwischen 1957 und 1964 wurde in dem schmalen Tal ein gewaltiger Staudamm errichtet, der 216 Meter hohe und 475 Meter lange Glen Canyon Dam. Von der Schlucht ist dabei nicht viel geblieben! Doch der Damm hat auch sein Gutes!

Foto USA Wurden in den Jahren vor der Fertigstellung die Länder am Unterlauf des Colorado - bis hinunter nach Mexiko - oft von jahrelangen Dürren, in anderen Jahren von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht, so ist's damit nun weitgehend vorbei. Vertraglich festgelegte Wassermengen garantieren auch den Unterliegern das ganze Jahr über ausreichend Wasser für deren Landwirtschaft, während Überschwemmungen durch den gewaltigen Stausee zuverlässig verhindert werden können. Dass damit auch noch 1,3MW Strom produziert werden können, ist da schon fast nebensächlich.

Foto USA Der entstandene Stausee, der Lake Powell und das angrenzende Glen Canyon Land ist heute eines der größten Erholungsgebiete im Süden der USA (neben dem Lake Mead am Hoover Dam). Bietet der neue Stausee doch mehr als dreitausend Kilometer Strand, mehr als die gesamte Pazifikküste der USA zusammen­genommen! Mitten im ariden Land des Colorado Plateaus, das man ohne Übertreibung als Wüste bezeichnen darf. An den geschätzten zwei­tausend Buchten - die meisten sind ausschließlich über Wasser erreichbar - findet wirklich jeder (s)ein Plätzchen!

So auch hier am Lone Rock, einem senkrechten Felsen mitten im See, keine zwanzig Kilometer vom Damm entfernt. Am Ufer ein paar kleine Sanddünen, farbenfrohe Felsen und ein toller Badestrand. (Wenn nur das Wasser etwas wärmer wäre!) Der ideale Ort, die Seele baumeln zu lassen, einen Gang zurückzuschalten, Pläne für die Weiterreise zu schmieden.

Mal sehen, was die weitere Route noch so an Schmankerln bereithält! Fest eingeplant sind 'natürlich' der Grand Canyon, Las Vegas und der Yosemite NP, auch wenn mich ihre Namen gerade völlig kalt lassen. Auf den Wegen dazwischen gibt's aber sicher noch ein, zwei Dutzend 'Bonbons', die in keinem Reiseführer erwähnt werden, deren Entdeckung aber gerade deshalb so interessant ist. Und die bringen dann auch die Freude am Reisen zurück!

Ja, ja, der Travel Blues! Schon ulkig, dass er mich gerade hier und jetzt erwischt. Nach ziemlich genau fünfhundert Tagen auf Achse, eine völlig neue Erfahrung! So lange war ich schließlich noch nie am Stück unterwegs gewesen!

Foto USA Was war passiert? In Canada hatte ich ja ein ganz eng geschnürtes Zeitkorsett. Später trieb mich die bevorstehende Schließung zu den Nationalparks des Yellowstone und des Grand Teton. Danach wiederum die rapide fallenden Temperaturen weiter gen Süden.

Zeit, die Eindrücke zu verarbeiten, Zeit, ein wenig Abstand zu gewinnen, Zeit, in sich selber hineinzuhorchen? Fehlanzeige! Alles, was ich bislang sehen und erleben konnte, war wirklich toll, tief beeindruckend und ich möchte es um keinen Preis der Welt missen! Aber ist das Alles? Wo bleibt das Abenteuer? Das Außergewöhnliche? Das Nicht-Alltägliche? Wo bleibt die Herausforderung? Ist das jetzt nur meine 'Begeisterung' für die USA geschuldet? Werden Latein- und Südamerika wirklich so viel aufregender werden? Ist Reisen wirklich das einzige, was ich noch machen möchte in meinem Leben?

So kreisen die Gedanken momentan um eine Menge offener Fragen. Fragen zum Reisen. Fragen zum Leben. Fragen zu Dingen, die beim Reisen einfach zu kurz kommen. Zu kurz kommen müssen? Kann ich denn nicht den Hobbies, die mich zu Hause so begeisterten, auch unterwegs irgendwie frönen? Kann ich damit nicht wieder mehr Abwechslung in den Reise-Alltag bringen? Die besondere Würze? Fragen. Bislang ohne rechte Antworten! Was sich aber bald ändern könnte. Was sich bald ändern sollte!!! So kann's schließlich nicht weitergehen!

Baron Münchhausens Schopf wäre gerade höchst gefragt! Ihr wisst schon: der Schopf, an dem er sich selber aus dem Schlamm zieht. Beim nächsten Wolkenloch werde ich also einen langen Spaziergang machen. Bewegung hilft, Ordnung in die Gedanken zu bringen. Bewegung hilft gegen den Blues!

Und bald macht das Reisen auch wieder ganz dolle Spaß!

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