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Mehr Norden muss nicht sein!

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Aug 03 2014 updated

Anchorage (USA, Alaska) (GPS: 61°12,512'N; 149°48,059'W)

Foto USA Zweihundertdreißig Wohnmobile. Omnibusgroße fahrbare Apartments mit ausziehbaren Sitzecken, Ledersofa, Queen-Size-Betten, Satellitenschüssel, zwei bis drei Klimaanlagen und Knattermax. Im Schlepptau riesige 4WD-Pickup, darauf Kanu, Motorboot oder ATV (Quad). Oder alles zusammen. Wenn Amerikaner auf Wanderschaft gehen, muss der gesamte Hausstand mit! Wäre doch schlimm, müsste man unterwegs auf Irgend­etwas verzichten! Den Sinn von 'Weniger ist mehr' werden sie wohl nie entdecken! Nicht, dass ich dabei ein großes Vorbild wäre, aber die Lady Grey passt in diese Monster mindestens zweimal hinein! Ganz wie zu Hause erscheinen diese Herrschaften meist im Rudel!

Well, so stehe ich hier - eher unfreiwillig - zwischen zweihundertfünfzig solcher Giganten und komme mir richtig winzig vor! Doch der Golden Nugget RV Park mitten in Anchorage bietet WiFi (für die letzten Tagebucheinträge), Waschmaschinen (für den Berg schmutziger Wäsche, höher als der Denali) und Duschen (welch eine Dekadenz, den dampfenden Wasserstrahl so lang laufen zu lassen, bis die Haut schrumpelig wird). Eine richtige Oase im Süden des Hohen Nordens. Nur: romantisch ist anders!

Foto USA Last mich also wieder kurz die letzten Wochen Revue passieren: Von den gemütlichen und entspannenden Liard Hot Springs geht's weiter den Alaska Highway entlang nach Nordwesten. Doch Alaska ist noch weit!

Alaska Highway

Foto Canada Der legendäre Alaska Highway ist bei weitem nicht mehr das, was er früher war: the last frontier - die letzte Grenze. Heute ist er eine vielbefahrene, über weite Strecken gut ausgebaute Straße ohne allzu viel Abenteuer. Rasthäuser, Tankstellen, Werkstätten und Supermärkte gibt's entlang der 2230 Kilometer zwischen Dawson Creek in British Columbia (Canada) und Delta Junction in Alaska (USA) genug. Die größte Herausforderung auf den langen Etappen liegt eher darin, am Steuer nicht einzunicken. Denn landschaftliche oder kulturelle Highlights entlang des Highways sind eher spärlich gesät.

Alaska Highway: geschichte [CAN/USA] Die Geschichte des Highways allerdings ist interessant: Jahrzehntelang hatte sich Canada - aus Angst vor einem unkontrollierten Eindringen der 'geliebten' Nachbarn - gegen eine Landverbindung zwischen den US-Kernstaaten und Alaska gewehrt. Erst 1942, nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour, als die USA eine Invasion der Japaner in Alaska fürchteten, konnten sich die Canadier nicht mehr sträuben.

Foto Canada Mit vier Bautrupps, knapp 11.000 US-Soldaten und ebenso vielen einheimischen Helfern wurde in Rekordzeit eine Nachschubstraße durch die menschenleere Wildnis des nordwestlichen Canadas geschlagen. Unfälle waren an der Tagesordnung. Am 24.September 1942 trafen sich dann zwei der Bautrupps am sogenannten Contact Creek, einen Monat später zwei weitere Trupps am Beaver Creek. Am 20. November, nach gerade einmal neun Monaten Bauzeit wurde die Straße schließlich mit viel Pomp eingeweiht. 'Straße' war vielleicht übertrieben, entstanden war eher eine Rumpelpiste. Die Fahrzeit zwischen Whitehorse und Alaska betrug über 90 Stunden, die Durchschnittsgeschwindigkeit kaum über 25km/h. Schon 1943 mussten große Teile des Highways wieder saniert oder völlig verlegt werden. Noch heute sind Baustellen an weiten Abschnitten eher die Regel als die Ausnahme.

Foto Canada Foto Canada Entlang des Highways kam auch die Zivilisation in den Hohen Norden. Keine der Städte und Dörfer entlang Highway könnte ohne ihn existieren. Entfernt man sich links oder rechts mehr als hundert Meter von der geteerten Schneise, findet man weiterhin menschenleere Wildnis. Dafür trauen sich erstaunlich viele wilde Tiere an die gut befahrene Straße: Caribous, Bären und Bisons gehören ebenso zum Straßenbild wie die Schilder, die vor ihnen warnen.

Foto Canada Um zum nächsten Highlight, in die frühere Hauptstadt des Yukon Territory zu gelangen, kann man den monotonen Alaska Highway frühzeitig verlassen. Muss man aber nicht. In Watson Lake, am bekannten Schilderwald mit inzwischen knapp 79.000 Schildern aus aller Welt geht's rechts ab. Der Campbell Highway - eine weitere Schneise durch die Wildnis - ist nur eine Schotterstraße, aber dem Vorwärtskommen tut das keinen Abbruch. Dazu wenig Verkehr (mit auffallend vielen Radfahrern!) und Hunderten idyllisch gelegener Nachtplätze. Eine echte Alternative! Bei Carmacks, einer winzigen Stadt ohne viel Sehenswertes trifft die Piste dann auf den zweiten großen Highway, den Klondike Highway. Über ihn schleppte sich schon mancher Goldsucher ans Ziel seiner Träume, nach Dawson City.

Dawson City

Foto Canada "GOLD! Gold am Klondike!" schallt es in Juli 1897 durch San Francisco, quer durch Nordamerika, ja rund um die Welt. Innerhalb weniger Stunden sind Tickets in den Norden ausverkauft. Mehr als 100.000 Menschen machen sich innerhalb weniger Tage auf den Weg: Buchhalter, Farmer, Trambahnfahrer, Arbeitslose. Jeder der sich - mitten in der Wirtschaftskrise - ein Ticket leisten kann macht sich auf den Weg zum Klondike, nach Eldorado, irgendwo im Norden, wo das Gold in den Bächen liegt und nur aufgesammelt werden muss.

Ein halbes Jahr zuvor hatten in Dawson, einem unbekannten Nest aus ein paar Hütten zwei Dèné-Indianer und ein Prospector ganz zufällig Nuggets im Bonanza Creek, einem Nebenflüsschen des Klondike River gefunden: Skookum Jim, Tagish Charlie und George Carmack. Foto Canada Ein halbes Jahr arbeiten die drei (und wenige andere) rund um die Uhr bevor sie im Juli 1897 über 120.000 Unzen Gold (heutiger Wert 150 Millionen US$) auf die Bank nach San Francisco schleppen. Der Klondike Gold Rush, der größte Goldrausch aller Zeiten ist losgetreten.

Während die drei mit ihren Familien ihren neuen Reichtum genießen (und viel Gutes tun), hasten Hunderttausende - nicht nur aus Nordamerika - in die unbekannte Wildnis. Den schnellsten Zugang in das menschenleere Land ohne jede Infrastruktur verspricht die Anfahrt über einem schmalen Fjord bei Skagway, danach über den Chilkoot-Pass und per Boot auf dem Yukon River direkt nach Dawson City - 2500 Kilometer durch völlig menschenleere, kaum erforschte Wildnis.

Foto Canada Die ersten Wochen werden für die in der Wildnis völlig unerfahrenen Stadtmenschen zur Katastrophe: der Weg zum Chilkoot-Pass führt - mitten im Winter - im 45-Grad-Winkel nach oben - kein Weg für Pferde oder Mulis! Alles muss auf dem eigenen Rücken nach oben geschleppt werden! Zudem muss jeder - neben Hacke, Schaufel und Waschpfanne - eine komplette Camping­ausrüstung, sowie Vorräte für mindestens ein Jahr mitführen. Alles zusammen eine Tonne Ausrüstung! So wollen es die canadischen Zöllner oben am Pass - schließlich soll in der Wildnis keiner verhungern! Bis alles oben ist, muss jeder Schürfer in spe zirka vierzig Mal den steilen Hang rauf und runter, jedes Mal mit fünfundzwanzig Kilo Ausrüstung auf dem Buckel! Das ganze bei zwanzig Grad unter null, heftigen Schneestürmen und schneidenden Blizzards. Oder lieber bis zum Frühjahr oder Sommer warten? Niemals!

Die wenigen, die es schaffen, müssen nun Boote und Schiffe aus den grünen Bäumen der umliegenden Wälder zimmern, um zweitausend Kilometer auf dem unbekannten und tückischen Yukon River stromab zu schippern, wo endlich Dawson liegt, das winzige Dorf auf einer schlammigen Sandbank am Zufluss des Klondike.

Foto Canada Von den 100.000 Menschen, die die Reise ins Unbekannte beginnen, kommen - nach fast einem Jahr voller unsäglicher Strapazen - gerade mal 30.000 bis 40.000 in Dawson an! Nur um erkennen zu müssen, dass andere schon lange vor ihnen hier waren und die ergiebigsten Claims schon für sich abgesteckt haben! All die Anstrengungen und Entbehrungen des letzten Jahres: vergebens! Nicht wenige verkaufen ihr Hab und Gut, das sie so mühsam herangeschleppt haben, zu Schleuderpreisen um sich wenigstens ein Ticket für die Heimreise leisten zu können. Andere schuften für eine Hungerlohn als Hilfsarbeiter für die Claimholder, die in Saus und Braus leben - und oft ihren schnell gewonnenen Reichtum genauso schnell verspielen oder versaufen.

Foto Canada Denn davon lebt sich's in Dawson am allerbesten: Dienstleistungen jeder Art kosten ein Vermögen! Manch einer verdient mit dem Verkauf von Ausrüstung und Waren aller Art, mit Reparaturen oder einem Spielsaloon ein Vermögen, ohne tagtäglich in den Goldfeldern buckeln zu müssen. Die Prostitution blüht. Vor den winzigen Hütten von - so sagt man - mehr als sechzig Mädchen bilden sich lange Schlangen. So manche Dame verdient sich eine sprichwörtlich goldene Nase.

Goldgräber bei der Arbeit Foto Canada Die Arbeit in den Goldfeldern aber ist ein Knochenjob! Von wegen "nur Nuggets aufsammeln und verkaufen"! Die ersten Jahre wird meist nur Placer Gold gewaschen, wobei loses Gestein über eine Wasserrutsche geschickt wird, in der sich das schwere Gold absetzen kann und das leichtere Gestein weggespült wird. Die Feinarbeit passiert dann mit der berühmten Waschpfanne, in der sich mit sehr viel Glück ein paar winzige Goldklümpchen absetzen.

Später muss 'bergbautechnisch' gearbeitet werden. Also Gestein aus bis zu zehn Metern Tiefe an die Oberfläche bringen, um es dort zu waschen. Das Graben erfolgt dabei meist im Winter (da ist der Boden gefroren und muss nicht aufwändig abgestützt werden), das Waschen dann im Sommer, wenn die Flüsse aufgetaut sind und das unentbehrliche Wasser liefern. Das wird bald so kostbar wie das Gold selber und wird über komplizierte Kanalsysteme zu dem Claims geleitet und für teures Geld an die Mineure verkauft.

Foto Canada Foto Canada Von reichen und fortschrittlichen Claimholdern werden zunehmend auch Maschinen eingesetzt, die mehr Ertrag versprechen. Die Dredge genannten Eimerkettenbagger arbeiten nach dem gleichen Prinzip (Graben - Waschen -Abraum), nur eben um ein Vielfaches schneller als Hunderte von Männern. So konnte die Dredge No.4, ein 2700-Tonnen-Ungetüm, das restauriert wurde und heute besichtigt werden kann, pro Stunde über 1.000 Tonnen Gestein verarbeiten!

Foto Canada Der große Goldrausch ebbt schon wenige Jahre später wieder ab, als in Nome an der Beringstraße weiteres Gold gefunden wird und viele desillusionierte Klondiker dort ein neues Glück versuchen. Innerhalb weniger Wochen verschwinden achtzig Prozent der Einwohner, Dawson City wird fast zur Geisterstadt.

Ein harter Kern aber bleibt und noch heute wird in beträchtlichem Maß Gold gefördert. 2013 waren es über 42.000 Unzen (Marktwert 54 Millionen Dollar). Seit dem Goldfund von 1897 wurden in und um Dawson sage und schreibe 13.644.112 Unzen Gold gefördert (Stand Ende 2013). Über 420 Tonnen!!!

Foto Canada Einen vergleichbaren Stellenwert wie Gold hat inzwischen der Tourismus erreicht! Nachdem die Stadt zur National Historic Site ernannt wurde, wird ein Großteil der Bretterbuden liebevoll restauriert und für den Tourismus erschlossen. Nicht nur, dass sich jedermann in einem echten Claim im Goldwaschen versuchen kann (dank 'Nachhilfe' oft mit beträchtlichem Erfolg), Foto Canada zahlreiche Museen, Restaurants, Hotels, Andenken- und natürlich Goldläden wetteifern um die Gunst der meist US-amerikanischen Touris: von Alaska 'rüber ist es nur ein Katzensprung! Daneben wohnen hier noch immer eine Menge Abenteurer, die Ihr Glück mit Gold versuchen und den Kies der alten Claims zum 27-ten Mal durchsieben und waschen. Trotz der Kursverluste der letzten Monate hat Gold auch heute nichts von seiner Faszination von 1897 verloren!

Von Dawson führt eine unerwartet gut gepflegte Schotterstraße in vielen Windungen den Berg hinauf zur Grenze nach Alaska. Den Namen Top of the World Highway hat die Piste nicht ganz umsonst, verläuft sie doch meist auf (für kanadische Verhältnisse) rekordverdächtigen Höhen um die 1100 Meter. Auf der gleichen Höhe tummeln sich derzeit erschreckend viele - und hartnäckige - Wolken, so dass ich von der sehenswerten Bergkulisse kaum etwas sehe. Schade! Mitten in den Wolken, mitten im Nirgendwo des abgelegenen Bergkamms liegt auch der einsame Grenzposten, an dem immerhin vier Officer die innere und äußere Sicherheit zweier Länder gewährleisten: zwei auf US-, zwei auf kanadischer Seite.

Wieder unten im Tal, zurück auf dem Alaska Highway ist's nur noch ein Katzensprung nach Tok und Fairbanks, den beiden großen Straßenkreuzungen im Zentrum Alaskas.

Nordpol: mehr Norden geht einfach nicht!

Foto USA Am Nordpol ist der Weihnachtsmann zu Hause. Glauben viele amerikanische Kinder. Gut, dass Santa Claus hier in North Pole ein eigenes, ziemlich großes Postfach besitzt, über das er all die Kinderpost beantworten kann. Und einen Laden, in dem man auch mitten im Sommer Weihnachtsmusik und Zipfelmützen, Christbaumkugeln und Lametta, Krippen und Lebkuchen (schmecken etwas anders als bei uns) bewundern - und erwerben - kann.

Wenn man am Nordpol steht, führen alle Straßen zwangsläufig nach Süden! So auch die Panamericana quer durch Nord-, Mittel- und Südamerika bis hinunter nach Ushuaia an südlichsten Zipfel Argentiniens. Diese Straße - bekannt wie die legendäre Route 66 - wird in den nächsten Monaten, ja den nächsten Jahren so etwas wie der rote Faden sein, an dem ich mich in den Süden hangeln will. Dazu muss ich 'irgendwo im Norden' anfangen. Der Nordpol wäre dazu gar nicht schlecht!

So ganz geht das natürlich nicht! North Pole, der Ort, wo der Weihnachtsmann tatsächlich wohnt, ist ein Städtchen vor den Toren von Fairbanks, dem Verkehrsknotenpunkt in der Mitte Alaskas. Vor hier führt auch eine breite Straße noch weiter in den Norden, der Dalton Highway nämlich, der auf achthundert Kilometer das Ölfördergebiet der Prudhoe Bay mit dem Rest der Welt verbindet. Außer sehr viel - aber doch schon recht bekannter - Landschaft gibt's auf der ganzen Strecke Nichts zu sehen, und an der Prudhoe Bay darf man nicht mal am Strand der arktischen See spazieren gehen. Privatbesitz! Sperrgebiet!

Welchen Sinn also macht es, achthundert Kilometer Schotterpiste hinzufahren, vor dem geschlossenen Tor zu stehen und die gleichen achthundert Kilometer Schotterpiste wieder zurückzufahren? Nur um sagen zu können "Ich war ganz oben!"? Früher hätte ich so etwas mit Freuden durchgezogen, aber nun reut mich vor allem die eine Woche eintöniger Fahrerei. Davon hatte ich in Saskatchewan und Manitoba, den Präriestaaten Canadas wahrlich schon genug! Von vierhundert Euro Spritkosten (und dem CO2) mal ganz abgesehen! Da gönne ich mir lieber irgendwo ein Leckerli und erkunde den Süden Alaskas umso intensiver!

Start der Panamerikana (N/S-Querung Amerikas) [USA] Also starte ich meine Nord-Süd-Durchquerung Amerikas am 28. Juli 2014 ganz unspektakulär an einem winzigen Ort namens Chena Hot Springs (nordöstlich von wenig sehenswerten Fairbanks) mit den Koordinaten N65°03,235'; W146°03,336'. Mehr Norden muss nicht sein!

Von nun an zeigt der Kompass also Hautrichtung "Süden" - und fürs Navi muss ich mich jedes Mal auf den Kopf stellen!

Der Denali - oder Mount Mc.Kinley

Foto USA Das erste Leckerli findet sich schon tags darauf! Keine zweihundert Kilometer südlich von Fairbanks. Nach dem trüben, grauen Schmuddelwetter der letzten Tage herrscht strahlender Sonnenschein, kein Wölkchen trübt den tiefblauen Himmel. So etwas kommt - statistisch gesehen - höchstens einmal im Monat vor! Dazu stehe ich direkt vor dem höchsten Berg Nordamerikas, dem Denali. Kann ich mir da einen Rundflug abschlagen, der mich schnell und ohne große Mühe in die eisgepanzerten Höhen des Bergriesen bringt? Der gedämpften Laune der letzten Tage wieder etwas auf die Sprünge hilft?

Also: "Bitte das Rauchen einstellen, die Sitzgurte schließen und die Kamera bereithalten!"

Foto USA 6.194 Meter misst der höchste, der Südgipfel des Denali. Der Nordgipfel bleibt nur wenige Meter zurück. Der wurde 1910 zum ersten Mal bestiegen, drei Jahre später dann auch der Südgipfel. "Beide Besteigungen erfolgten durch Einwohner Alaskas", wie unser Pilot stolz vermerkt, "nicht durch Bergsteiger aus den Südstaaten". Wie als Quittung dafür streiten die Politiker der Südstaaten nach wie vor um den Namen des mächtigsten Bergs Nordamerikas: nach ihnen soll er Mount Mc.Kinley heißen, nach einem ehemaligen US-Präsidenten aus Idaho. Viele Landkarten weisen den Gipfel jedoch weiterhin als Denali aus, was in der Sprache der Indianer nichts anders heißt als "der Hohe".

Foto USA Der äußerst populäre und größte Nationalpark Alaskas (jährlich ca. 400.000 Besucher - innerhalb von vier Monaten) wurde übrigens nicht zur Erschließung des Berges eingerichtet, sondern zum Schutz der Wildtiere zu seinen Füßen. Hier finden sich Braunbären (Grizzly), Caribous, Wölfe, Bergziegen und Dallschafe oft ganz nahe an der Straße. Denn auf der einzigen Parkstraße verkehren ausschließlich die parkeigenen Busse, die man nach Entrichtung einer geringen Gebühr (54 Dollar pro Person für die längere Rundfahrt) besteigen darf. Trotzdem sind sie über Tage im Voraus ausgebucht! Bei schönem Wetter allemal! Dann doch lieber ein bisschen tiefer in die Tasche greifen und den einmaligen Rundflug wagen!

Foto USA Foto USA Die Ausblicke aus der winzigen Maschine sind grandios. Derart intensiv und hautnah wird kein Busfahrer die schnee- und eisbedeckten Höhen je erleben, die mehr als zwanzig Gletscher, die sich vom Massiv in die Tiefe winden und wahre Geröllmassen vor sich herschieben. Die Nachbarberge sind zum Teil spitz wie Nadeln und die meisten wurden nie bestiegen. Von den zirka 1200 Bergsteigern, die die schwierige und langwierige Bergtour zum Höchsten jährlich angehen, schafft es nur etwa die Hälfte ganz hinauf- und heil wieder hinunter. Selbst wenn man den Antransport zum Basiscamp mit dem Flugzeug erledigt (wie die meisten Bergsteiger), braucht man mindestens drei Wochen am Berg und besteigt ihn ungefähr dreimal, bis die ganze Ausrüstung in den höher gelegenen Camps ist. Das wird im Himalaya nicht anders sein, doch hier im Norden bleibt für die ganze Expedition nur ein wetterbedingtes Zeitfenster von etwa sechs Wochen. Da gehört viel Glück dazu!

Foto USA Wie sind die so schroff aufragenden Berge denn entstanden? Die Alaska Range des Denali und seiner bizarren Nachbarn befindet sich praktisch mitten auf dem pazifischen Ring of Fire. Auf der Subduktionszone, wo die riesige pazifische Platte unter den kanadischen Schild abtaucht und diesen auf ungeahnte Höhen hebt - über 6000 Meter hoch! Jedes Jahr kommen ein paar Zentimeter dazu, denn der Bergrücken wird stetig weiter geliftet! Dazu kommt, dass direkt unterhalb der Alaska Range gigantische, 55 Millionen Jahre alte Granit-Monolithe liegen (sog. Plutons), die nicht wie das restliche Gestein gefaltet, sondern nur in die Höhe gehoben werden können. Die Erde bebt hier fast jede Woche, meist nur mit 2 bis 3 auf der Richterskala - ohne große Schäden. 1964 aber zerstörte das stärkste bislang gemessene Beben (Karfreitagsbeben, Stärke 9,2) mehr als fünfundsiebzig Häuser und weite Ländereien in Anchorage sowie die halbe Stadt Valdez, ein paar Meilen im Süden.

Von dieser grandiosen Bergwelt gibt's rechts natürlich wieder ein paar zusätzliche Fotos ... Fotostrecke

Foto USA Verglichen mit den Weiten Canadas, fängt in Alaska gleich südlich des Denali Nationalparks die Zivilisation wieder an. Generell sind die Strecken in Alaska - mal abgesehen vom Dalton Highway hinauf nach Prudhoe Bay - um einiges überschaubarer. Und kurzweiliger! Die Landschaft ist bergiger und abwechslungsreicher, die Dörfer und Städte liegen näher beisammen. Manch einer der insgesamt weniger als ein Dutzend Highways hangelt sich von Stadt zu Dorf. Von Dorf zu Stadt. Selten geht es 'mal zwei Kilometer schnurgeradeaus! Schon fast eine Wohltat! Allerdings herrscht auch entsprechend viel Verkehr!

Foto USA Kaum bietet sich die Möglichkeit, vom Parks Highway zwischen Fairbanks und Anchorage abzuzweigen, setze ich den Blinker. Auf schmaler und kurviger Piste geht's malerisch hinauf zum Hatcher's Pass, einem weiteren Gebiet, in dem nach wie vor Gold geschürft wird. Aber auch ein nettes Wanderrevier mit malerischen Bergseen und schroffen, einfach begehbaren Gipfeln. Die Independence Mine nebenan förderte bis 1942 reichlich Gold bis in Washington kühn beschlossen wurde, dass Gold nicht kriegswichtig sei, die Arbeiter abgezogen und die Mine dem Verfall preisgegeben wurde.

Noch immer treffen sich hier jedes Wochenende Dutzende von Goldwäschern mit Schaufel, Hacke und Waschpfanne auf der Suche nach dem winzigen Klümpchen des glitzernden Metalls. Selbst eine kleine private Mine wird nebenan noch betrieben und kann offenbar ihre Eigentümer zumindest vor dem Verhungern bewahren.

Foto USA Der Wanderparkplatz nahe der Mine liegt oberhalb der Wolkengrenze. Das ganze Wochenende herrscht Sonnenschein, nur ein paar harmlose Wölkchen zieren den blauen Himmel. Als ich am Montag aber hinunterrolle nach Anchorage, erwartet mich strömender Regen aus tiefhängenden Wolken, der partout kein Ende nehmen will. Immer wieder schieben sich schwarze Wolkenungetüme über die angrenzenden Berge und die Regentropfen legen sich wie ein undurchdringlicher, grauer Schleier auf Lady Grey und Seele.

Anchorage selbst hat nicht viel Interessantes zu bieten, aber in den kommenden Tagen soll das Wetter besser werden. Aber wer weiß schon, wie es im nächsten Tal ist? Im nächsten Fjord? Auf der bergigen Halbinsel Kenai am Südzipfel Alaskas soll ja ein ganz eigenes Klima herrschen: vier Jahreszeiten an einem einzigen Tag - wie damals in Schottland. Lassen wir uns überraschen! Auch der pittoreske Prince William Sound mit Dutzenden von Gletschern und zwei Fährpassagen entlang der Inside Passage entlang des sogenannten Panhandles stehen nun auf dem Fahrplan. Ich bin schon sehr gespannt! Ihr auch?


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